Studien zu Benedictus Levita.

VII.

(Studie VII, Teil I)

Von

Emil Seckel.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 321]

VII.

Die Quellen des zweiten Buches.

Wegen der Grundsätze, die für die Herstellung des Quellenverzeichnisses massgebend waren, ist auf die Einleitung zur vorangehenden Studie VI (N. A. XXXI), 61 f. zu verweisen. Von der Untersuchung der Quellen des II. Buches wird hier der erste Teil vorgelegt, dem der zweite baldmöglichst folgen soll. Nach Vollendung des zweiten Teils wird eine Zusammenstellung der Ergebnisse geliefert werden, wie sie für die Quellen des I. Buches in Studie VI, 62 f. 134-137 gegeben ist1.

*  *  *

2, 1-53 aus dem Pentateuch.

Rubriken durchweg von Benedictus beigefügt. Auch die Inskription unserer Reihe Incipiunt nonnulla capitula legis divinae' rührt natürlich von der Hand des Sammlers her.

2, 1 = Genes. 9, 6 init.

2, 2 = Exod. 20, 7; eine unbedeutende Variante2 ('nec' statt 'nec enim'). - 2, 3 = Exod. 20, 12 abgesehen vom Schluss. - 2, 4a = Exod. 21, 7. - 2, 4b = Exod. 21, 8 mit erheblich abweichendem Texte:

Vulgata.
Ben.
  Si displicuerit oculis   Si placuerit domino suo,
domini sui, cui tradita cui vendita est, admittat
fuerat, dimittet eam: eam liberam3; et ad
populo autem alieno ven- alium populum non licet
dendi non habebit po- ipsam vendere4.
testatem, si spreverit
eam.




1) Dass ich MG. Conc. II, 2 in den Aushängebogen benutzen konnte, verdanke ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Kollegen Werminghoff. - Die Hispana Gallica Augustodunensis liegt mir in einer Photographie vor, welche die Zentraldirektion der MG. für den Apparat der Monumenta dankenswerter Weise hat anfertigen lassen.    
2) Gegenüber der Vulgata; vgl. unten S. 329 am Schluss vorliegender Reihe.    
3) Vgl. 2, 14a (= Exod. 21, 26): 'dimittat eos liberos'.    
4) Zur Sache vgl. Cap. Liftin. 743 c. 3 i. f.; Cap. Haristall. 779 c. 19 med. (MG. Cap. I, 28. 51).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 322]

- 2, 5 = Exod. 21, 12. - 2, 6 = Exod. 21, 14; eine nebensächliche Variante ('de industria' statt 'per industriam'). - 2, 7 = Exod. 21, 15. - 2, 8 = Exod. 21, 17; eine kleine Variante ('et' statt 'vel'). - 2, 9 = Exod. 21, 16(!)1. - 2, 10a = Exod. 21, 18; eine untergeordnete Variante ('et iacuerit' statt 'sed iacuerit'). - 2, 10b = Exod. 21, 19; am Schluss schreibt Benedikt 'operas inpensas eius medicis restituat' statt 'operas eius et impensas in medicos restituat'. - 2, 11a = Exod. 21, 20; vor 'virga' fügt Ben. ein: 'lapide vel' (aus Exod. 21, 18, oben 2, 10a); zweite Variante: 'mortuus fuerit' statt 'mortui fuerint'. - 2, 11b = Exod. 21, 21 - drei unerhebliche Abweichungen ('Si' statt 'Sin'; 'supervixerit vel duobus' statt 'v. d. s.'; 'eius' statt 'illius'). - 2, 12 = Exod. 21, 22; sechs für den Sinn gleichgiltige Varianten ('homines' statt 'viri'; 'quidem' hinter 'abortivum' eingefügt; 'si' statt 'sed'; 'expetierit maritus mulieris' umgestellt aus 'mar. mul. exp.'; 'arbitres' statt 'arbitri'; 'iudicarint' statt 'iudicaverint'). - 2, 13a = Exod. 21, 23 ('Si' statt 'Sin'). - 2, 13b = Exod. 21, 24. - 2, 13c = Exod. 21, 25. - 2, 14a = Exod. 21, 26 ('dimittat' statt 'dimittet'). - 2, 14b = Exod. 21, 27 ('vero' statt 'quoque'); Schluss in der Fassung, aber nicht im Sinne verändert, indem Ben. statt der originalen Sanktion 'similiter dimittet eos liberos' verfügt: 'simili sententiae subiacebit'; die letztere Phrase hat Ben. wörtlich aus Exod. 21, 31 i. f. entnommen2. - 2, 15a = Exod. 21, 28, mit stärkeren sprachlichen Differenzen:

Vulgata.
Ben.
  Si bos cornu percusserit   Si bos cornipeta3 virum
virum aut mulierem et mor- aut mulierem occiderit,
tui fuerint, lapidibus ob- lapidibus obruatur et non
ruetur et non comedentur comedetur; dominus, cuius
carnes eius; dominus bos est, innocens erit.
quoque bovis innocens
erit.

- 2, 15b = Exod. 21, 29 ('illius' statt 'eius'; 'reclusit' statt 'recluserit'; 'obruatur' statt 'obruetur'; nochmals




1) In dieser grossen Reihe die einzige Abweichung von der Ordnung der Vorlage.    
2) Die Phrase war Benedikt geläufig als Kenner der Kanonen, die sie mehrfach verwenden; vgl. z. B. Statuta eccl. ant. c. 85 in. (Migne LVI, 887; = Conc. Carth. IV. Hisp. c. 69 in., Migne LXXXIV, 205); Conc. Aurel. a. 538 c. 25 (MG. Conc. I, 81 lin. 7: 'cui [andere Hss.: 'simili'] etiam sententiae subiacebit'). Vgl. ferner Capitulare ecclesiasticum 818. 819 c. 24 i. f. (MG. Capit. I, 279: 'simili sententiae subiaceat').    
3) Aus 2, 15b = Exod. 21, 29.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 323]

'illius' statt 'eius'; 'occidant' statt 'occident'). - 2, 15c = Exod. 21, 30 ('ei fuerit' umgestellt aus 'f. e.'). - 2, 16a = Exod. 21, 33 ('vel' statt 'aut'). - 2, 16b = Exod. 21, 34 ('dominus cisternae reddet' umgestellt aus 'r. d. c.'). - 2, 17a = Exod. 21, 35; Schluss gekürzt: 'divident praecium et cadaver', während in der Vulgata steht: 'divident pretium, cadaver autem mortui inter se dispertient'. - 2, 17b = Exod. 21, 36, im Tatbestande gemodelt:

Vulgata.
Ben.
  Sin autem sciebat, quod   Si autem sciebat dominus
bos cornupeta esset eius, quod bos vitiosus
ab heri et nudius eratl, et noluit eum
tertius1, et non custo- custodire...;
divit eum dominus suus
...;
ferner im Hauptsatz 'reddat' statt 'reddet', 'accipiat' statt 'accipiet'. - 2, 18 = Exod. 22, 1; neben zwei für die Sache unerheblichen Abweichungen ('Qui' statt 'Si quis'; 'restituat' für 'restituet') begegnet hier eine sachlich relevante Auslassung (hinter 'ovem' fehlen bei Ben. die Worte: 'et occiderit vel vendiderit'); über den Sinn der Auslassung s. unten zu 2, 19c. - 2, 19a = Exod. 22, 2 ('effregerit' statt 'effringens')2. - 2, 19b = Exod. 22, 3 in. (ohne Variante; 'sole' statt 'solo' schreibt richtig Cod. Vat. Pal. 583); den zweiten Satz von Exod. 22, 3 'Si non habuerit, quod pro furto reddat, ipse venumdabitur' streicht Benedikt, da er zum fränkischen Rechte nicht passt3. - 2, 19c = Exod. 22, 4 (Schlusswort 'restituatur' statt 'restituet'); hinter 'asinus' folgen in der Vulgata die Worte: 'sive ovis, duplum'. Nach mosaischem Rechte (Exod. 22, 1. 4 cit.) ist beim Viehdiebstahl zu unterscheiden, ob der Dieb das gestohlene Vieh noch besitzt oder nicht mehr besitzt (weil er es geschlachtet oder verkauft hat). Im ersteren Falle soll er das gestohlene Tier herausgeben und als Busse ein zweites Tier entrichten; im




1) Vgl. 2, 15b (= Exod. 21, 29): 'Quod si bos cornipeta fuerit ab heri et nudius tertius'. Benedikt scheute in 2, 17b die Wiederholung, entweder weil er hier die Dauer der Mängelkenntnis für gleichgiltig erklären wollte, oder (weniger wahrscheinlich) weil er die bereits einmal kopierten Worte aus stilistischen Gründen nicht nochmals in den Mund nehmen wollte.    
2) Dass der Dieb, der sich unter dem Hause durchzugraben versucht, straflos getötet werden darf, entspricht dem Rechte der fränkischen Zeit; vgl. Brunner, DRG. II, 483, N. 13.    
3) Vgl. Studie VI (N. A. XXXI), S. 118 oben.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 324]

letzteren Falle soll er fünf Stück Rinder für ein Rind und vier Stück Schafe für ein Schaf als Busse leisten. Die mosaische Unterscheidung ist dem fränkischen Rechte unbekannt1; nach den Volksrechten fränkischer Zeit wird der nicht handhafte2 Diebstahl regelmässig und unterschiedslos durch Busse gesühnt3, nach den meisten Volksrechten durch Leistung des mehrfachen Werts der gestohlenen Sache. Benedikt konnte sonach die Strafe des Mehrfachen beibehalten, nur musste er sich entscheiden, ob es bei einem der mosaischen Strafsätze bleiben solle oder ob ein anderes Mehrfaches (etwa das Neungeld mancher Rechte) einzusetzen sei. Er blieb beim mosaischen Rechte, und zwar wählte er den höheren Strafsatz, der im Original nur bei Unmöglichkeit der Rückgabe des Gestohlenen platz griff4. - 2, 20 = Exod. 22, 5; Varianten untergeordnet ('agro' statt 'agro suo'; 'restituat' statt 'restituet'). - 2, 21 = Exod. 22, 6 ('spicas' statt 'spinas'). - 2, 22a = Exod. 22, 7 ('susceperit' statt 'susceperat'; 'ablatum fuerit' statt 'ablata fuerint'; 'reddat' statt 'reddet'). - 2, 22b = Exod. 22, 8 ('fur' hinter 'latet' gestrichen). - 2, 22c = Exod. 22, 9 ('in bove vel asino' statt 'tam in b. quam in a.'; 'ab eo' [sinnlos] statt 'ad deos'; 'perveniat' statt 'perveniet'; 'arbitres' [vgl. Ben. 2, 12] vor 'iudicaverint' eingeschoben, wodurch der Sinn des Originals verändert wird; 'restituat' statt 'restituet'). - 2, 23a = Exod. 22, 10 ('amico' statt 'proximo suo'). - 2, 23b = Exod. 22, 11 ('in rem' statt 'ad rem'; 'suscipiatque' statt 'suscipietque'). - 2, 23c = Exod. 22, 12 ('Si' statt 'Quod si'; 'sublatum' statt 'ablatum'; 'restituat' statt 'restituet'; 'suo' am Schlusse beigefügt). - 2, 23d = Exod. 22, 13 ('restauretur' statt 'restituet'). - 2, 23e = Exod. 22, 14 ('compellatur' statt 'compelletur'). - 2, 23f = Exod. 22, 15 ('restituatur' statt restituet'; 'conductus venerit' statt 'conductum venerat'). - 2, 24 = Exod. 22, 16 - neben blos sprachlichen Varianten ('et dormierit' statt 'dormieritque'; 'habebit' statt 'habebit eam') findet sich eine sachlich einschneidende Aenderung ('virginem desponsatam' statt 'virginem necdum desponsatam'); während also Moses dem Verführer




1) Brunner, DRG. II, 639 ff.    
2) Solchen Diebstahl hat sicher Ben. 2, 19c, wahrscheinlich auch Ben. 2, 18, im Auge.    
3) Brunner a. a. O. S. 642, N. 39. S. 643.    
4) War das gestohlene Tier noch vorhanden und wurde es zurückgegeben, so mussten sich wohl die Sätze von 2, 18 (Exod. 22, 1) um das Einfache vermindern; auf dem Schafdiebstahl stand dann nach Benedikt genau dieselbe Busse des Triplum wie nach ribuarischem Recht (Brunner, DRG. II, 644, N. 49).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 325]

einer unverlobten Jungfrau das bekannte 'duc et dota!' auferlegt, verfügt Benedikt, dass der (unverheiratete; auch unverlobte?1) Verführer einer (mit einem Dritten2) verlobten Jungfrau diese3 zu dotieren und zu heiraten habe4. - 2, 25 = Exod. 22, 17; obgleich der Wortlaut des Originals nur in formeller Richtung geändert ist ('pater noluerit virginem dare' statt 'pater virginis dare noluerit'; 'reddat' statt 'reddet'; 'morem' statt 'modum'), hat dennoch das Kapitel einen völlig anderen Sinn als im Original, wie die Rubrik Benedikts und der Zusammenhang mit dem vorhergehenden, interpolierten Kapitel 2, 24 beweisen5. Nach Moses soll der Verführer einer unverlobten Jungfrau, wenn ihr Vater sich weigert, sie ihm zur Frau zu geben, (dem Vater) so viel Geld (als Quasidos, Entschädigung) zahlen, wie die gewöhnliche6 Jungfrauendos7 beträgt8. Nach Benedikt hat der Vater der (verlobten9) Jungfrau, wenn er sie (dem Bräutigam10 auf dessen Verlangen) nicht zur Frau geben will, (dem Bräutigam11) soviel Geld zu zahlen, als die




1) Bejaht von Scherer, Ueber das Eherecht bei Benedict Levita und Pseudo-Isidor (1879) S. 15.    
2) So mit Recht Scherer a. a. O.
3) Natürlich nur auf ihr (bzw. ihres Gewalthabers) Verlangen.    
4) Also eine Art Schadensersatz durch Naturalherstellung. - Ueber die Rechte des verletzten Bräutigams gegen den Verführer und über das Regressrecht des Vaters, der (vgl. Ben. 2, 25) vom Bräutigam in Anspruch genommen worden ist, spricht sich Benedikt nicht aus.    
5) Scherer a. a. O. und Freisen, Geschichte des kanonischen Eherechts (1888) S. 604 haben mit Recht auf beide Momente Gewicht gelegt.    
6) Oder gesetzliche (vgl. Deuteron. 22, 29)? Für letzteres Scherer a. a. O.; doch tut seine Auslegung dem Wortlaut der Stelle Gewalt an, und der Elohist (8. Jh. v. Chr.), der in Exod. 22,17 spricht, darf nicht aus dem Deuteronomiker (623 v. Chr.) heraus erklärt werden.    
7) Dos = Kaufpreis der Jungfrau.    
8) Der Verführer hat also dem Vater unter allen Umständen den Betrag der Dos zu entrichten; ein Recht auf Uebergabe der Verführten steht ihm nicht zu; seine Pflicht, die Verführte zu heiraten, erlischt wohl mit Ablehnung seiner Heiratsofferte.    
9) Dieses Tatbestandsmoment ist aus Ben. 2, 24 in Ben. 2, 25 herüberzunehmen; dagegen kann nichts darauf ankommen, ob die Tochter (von einem andern als dem Bräutigam) verführt worden ist (Ben. 2, 24) oder nicht.    
10) Richtig Freisen a. a. O.; unrichtig Scherer a. a. O., der an Uebergabeverweigerung gegenüber dem Verführer denkt! Ein Recht auf Uebergabe der Verführten kann Benedikt sowenig als Moses (Note 8) dem Verführer zubilligen wollen. Verweigert der Vater dem Verführer die Tochter, so ist diese Weigerung sein gutes Recht, und können sich daraus keine nachteiligen Folgen für ihn ergeben.    
11) So auch Freisen a. a. O.; ob Scherer a. a. O. als Empfänger der zu zahlenden Summe (Scherer spricht von 'zurückgeben') den Bräutigam oder vielmehr den Verführer hinstellen will, ist seiner wenig klaren Ausführung nicht zu entnehmen.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 326]

gewöhnliche Dos1 für Jungfrauen beträgt. Benedikt hat es sonach durch seine Interpolation in 2, 24 fertig gebracht, der lex divina in 2, 25 einen bekannten deutschrechtlichen Satz unterzulegen: der Muntwalt, der sich durch Verlobung seines Mündels dem Bräutigam zum Vollzuge der Trauung verpflichtet hat, wird bei Verletzung der Trauungspflicht bussfällig, d. h. er hat dem Bräutigam als Busse den Betrag des Wittums zu leisten2 und er verliert den Anspruch auf das gestundete Wittum. Dem mosaischen Rechte ist dieser Satz unbekannt; Benedikt hat ihn gewiss aus der Kenntnis des Rechtslebens seiner Zeit geschöpft und gewiss nicht, wie Freisen3 meint, auf dem Umweg über eine Analogie aus Exod. 21, 10 neu gebildet. - 2, 26 = Exod. 22, 18 ('patiaris' statt 'patieris'). - 2, 27 = Exod. 22, 19. - 2, 28a = Exod. 22, 20 in. ('occidatur' statt 'occidetur'). - 2, 28b = Exod. 22, 21 in. - 2, 29a = Exod. 22, 29 (das zweite 'tuas' hinter 'primitias' gestrichen; 'offerre domino' statt 'reddere'; 'de filiis tuis primogenitis' statt 'primogenitum filiorum tuorum dabis mihi', was Benedictus nicht brauchen konnte). - 2, 29b = Exod. 22, 30 ('facias' statt 'facies'; 'octavo' statt 'octava'; 'redde filium domino' statt 'reddes illum mihi').

2, 30a cf. Levit. 6, 2 in. 3 in., erheblich umgestaltet:

Vulgata.
Ben.
  (2 in.): Anima, quae . . .   Depositum tuum aut
negaverit proximo suo pignore datum aut si
depositum, quod fidei aliquis sibi commen-
eius creditum fuerat . . . data celaverit
  (3 in.): sive rem per-   aut si rem perditam in-
ditam invenerit et venerit et iuraverit non
infitians insuper peiera- invenisse.
verit . . .
- 2, 30b = Levit. 6, 4 ('convictus' statt 'convicta'). - 2, 30c = Levit. 6, 5 ('tertiam' statt 'integra'; 'fraudem' statt 'damnum'); die erstere Abweichung bedeutet eine Erhöhung der Unterschlagungsbusse von 3/15 auf 8/15. - 2, 31a = Levit. 18, 6 ('sanguinem proximi sui' [!] statt 'proximam sanguinis sui'; 'accedat' statt 'accedet'; 'ego




1) Im deutschrechtlichen Sinn, das Wittum. Nach ribuarischem Recht beträgt es 50 solidi, s. Schröder, DRG.4 S. 316. 347.    
2) Schröder, Geschichte des ehelichen Güterrechts I (1863), S. 11 ff.; DRG.4 S. 303, N. 162; R. Löning, Vertragsbruch (1876) S. 142 ff.    
3) Freisen a. a. O.; er hat es versäumt, den deutschrechtlichen Einfluss zu erwägen.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 327]

dominus' gestrichen); vgl. unten 2, 209b. - 2, 31b lächerliche Fälschung Benedikts, zusammengesetzt mit Hilfe von Levit. 18, 7. 8 und 18, 10 i. f.:

Vulgata.
Ben.
  18, 7 oder 18, 8: turpitu-   Nec ullam (!) discoope-
dinem (patris tui etc.) . . . ries turpitudinem mulie-
non discooperies; ris, quia vestra (!) turpi-
  18, 10 i. f.: quia turpitudo tudo est.
tua est.

- 2, 32 = Levit. 19, 20 ('fuerit' statt 'sit'; 'moriantur' statt 'morientur'; Schlussworte 'quia non fuit libera' gestrichen). - 2, 33 zusammengesetzt aus Levit. 19, 26 i. f.1 und 19, 31:

Vulgata.
Ben.
  19, 26 i. f.: Non augura-   Non auguriemini nec
bimini nec observabitis observabitis
somnia.
  19, 31: Non declinetis   ad magos nec ariolos
ad magos nec ab ariolis nec aliquid sciscitetis per
aliquid sciscitemini, ut eos. Ego Deus vester.
polluamini per eos. Ego
dominus Deus vester.

- 2, 34 = Levit. 19, 32 ('consurgite' statt 'consurge'; 'honorate' statt 'honora'; 'timete' statt 'time'; 'Deum' statt 'dominum Deum tuum. ego sum dominus'). - 2, 35 = Levit. 19, 35. 36 in. ('iniquum aliquid facere' umgestellt aus 'f. i. a.'). - 2, 36 = Levit. 20, 10 ('Qui moechatus' statt 'Si moechatus quis'; 'fecerit' statt 'perpetraverit'; 'moriatur' statt 'moriantur'). - 2, 37 = Levit. 20, 11 ('moriantur' statt 'morte moriantur').

2, 38. Tatbestand Erfindung Benedikts in Anlehnung an Numeri 5, 6 in. ('Vir sive mulier, cum fecerint ex omnibus peccatis')? und 5, 7 in. ('confitebuntur peccatum suum'); Anordnung der Rechtsfolge = Numeri 5, 7; Abweichungen hiervon nebensächlich ('reddat' statt 'et reddent'; 'capitalem'2 statt 'ipsum caput'; 'et quintam' statt 'quintamque'; 'peccavit' statt 'peccaverint'). - 2, 39 = Numeri 35, 16; Abweichungen, die den Sinn nicht ändern: Einfügung von 'hominem' hinter (dem ersten)




1) Von Knust (MG. LL. IIb, 22) übersehen.    
2) Zu dem der fränkischen Rechtssprache entlehnten Ausdruck vgl. Brunner, DRG. II, 613. 566, N. 8.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 328]

'percusserit'; (zweites) 'percusserit' statt 'percussus est'. - 2, 40 = Numeri 35, 30 i. f. ('condemnetur' statt 'condemnabitur').

2, 41a = Deuteron. 14, 28; Anfang stärker verändert ('Separabis decimas' statt 'Anno tertio separabis aliam decimam'); Rest wörtlich übernommen (nur 'inter' statt 'intra'). - 2, 41b cf. Deuteron. 14, 291, sprachlich und sachlich umgestaltet:

Vulgata.
Ben.
  Venietque levites, qui aliam   Foenerabis2 ea sacerdo-
non habet partem nec pos- tibus3 et3 levitis, ad-
sessionem tecum, et pere- venis4 et peregrinis, pu-
grinus ac pupillus et vidua, pillis et viduis, et bene-
qui intra portas tuas sunt, dicet te dominus Deus
et comedent et saturabuntur, tuus cunctis diebus5 vitae5
ut benedicat tibi dominus tuae5.
Deus tuus in cunctis operi-
bus manuum tuarum, quae
feceris.

- 2, 42a = Deuteron. 22, 6 ('ambulas' statt 'ambulans'; dann das erste 'et' eingesetzt; 'nidum - terra' die Wörter umgestellt; hinter 'pullis' die Worte 'vel ovis' gestrichen). - 2, 42b = Deuteron. 22, 7 ('pullos suos' statt 'filios'; 'benedicat te dominus' [vgl. zu 2, 41b] statt 'bene sit tibi et longo vivas tempore'). - 2, 43 = Deuteron. 22, 8 ('in domum tuam' statt 'in domo tua'). - 2, 44 = Deuteron. 22, 9 ('ea, quae sevisti' statt 'et sementis, quam sevisti' - Sinn unverändert; hat Benedikt das Wort 'sementis' nicht verstanden?). - 2, 45 = Deuteron. 22, 10 ('asina' statt 'asino', auffällig). - 2, 46 = Deuteron. 22, 11 ('indues vestimentum' statt 'indueris vestimento'; 'et lino' statt 'linoque'). - 2, 47a = Deuteron. 22, 23 ('Si quis puellam virginem desponsaverit' statt 'Si p. v. desponderit vir'). - 2, 47b = Deuteron. 22, 24 ('adducas' statt 'educes'; 'utrosque' statt 'utrumque'; 'et' vor 'vir' eingeschoben; 'eam' statt 'uxorem proximi sui'; Schlussworte des Originals: 'et auferes malum de medio tui' ge




1) Vgl. ausserdem die in den 4 folgenden Noten zitierten Stellen des Deuteron.    
2) Cf. Deuteron. 15, 6 in.: Foenerabis gentibus multis' etc.    
3) vgl. z. B. Deuteron. 18, 1 in.: 'sacerdotes et levitae'.
4) Cf. Deuteron. 15, 3 in.: 'A peregrino et advena exiges' etc. Vgl. ferner Deuteron. 24, 19-21.    
5) Cf. Deuteron. 16, 3 i. f.: 'omnibus diebus vitae tuae'.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 329]

strichen); bezeichnend ist nur die vorletzte Variante, da sie, gleich anderen Stellen, zeigt, wie scharf Benedikt Verlöbnis und Ehe unterscheidet. - 2, 48 = Deuteron. 22, 25. 26 in. ('Si' statt 'Sin'; 'et dormierit' statt 'et apprehendens concubuerit'; 'illa' statt 'ea'; 'patiatur' statt 'patietur'). - 2, 49a = Deuteron. 23, 1 ('absciso' statt 'abscisso'[?]). - 2, 49b = Deuteron. 23, 2 ('Nec ingrediatur eam' statt 'Non ingredietur'; 'scorta' statt 'scorto'; Schlussworte des Originals: 'in ecclesiam domini usque ad decimam generationem' gestrichen, aus leicht begreiflichem Grund: es wäre als ungeheuerlich erschienen, die Abkömmlinge der Unehelichen, vollends bis ins zehnte Glied, zurückzusetzen)1. - 2, 50 = Deuteron. 23, 19. - 2, 51a = Deuteron. 23, 21 ('voveris votum' statt 'votum voveris'). - 2, 51b: 'donec facias, quod ore proprio domino promisisti' ist Exzerpt aus Deuteron. 23, 23: '... facies, sicut promisisti domino Deo tuo et propria voluntate et oretuo locutus es'. - 2, 52 = Deuteron. 24, 5 ('nuper' hinter 'homo' gestrichen; 'accedat' statt 'procedet'; 'ullae iniungantur necessitates' statt 'quippiam necessitatis iniungetur'; 'domui' statt 'domi'[?]; 'et' vor 'ut' eingefügt). - 2, 53 = Deuteron. 24, 16 ('Quod' zugefügt; occidantur' statt 'occidentur'). -

In der vorstehenden, blos vorläufigen Quellenanalyse zu 2, 1-53 sind die Abweichungen Benedikts vom heutigen offiziellen Vulgattexte angegeben. Wie sich Benedikts Bibelrezension zu den lateinischen Bibelübersetzungen, insbesondere zu der Bibel des Hieronymus und ihren frühmittelalterlichen Rezensionen verhält, ist nicht gesondert für Ben. 2, 1-53, sondern seiner Zeit für alle Bibeltexte bei Benedikt zu untersuchen, soweit das vorliegende Material es gestattet.

2, 54-67 Mischreihe aus Breviatio canonum Sardicensium2, Theodori Poenitentiale und Fulgentii Ferrandi Breviatio canonum3.

2, 54 = Breviatio can. Sardic. c. 20 (22). Rubrik von Benedikt. Anfang der Vorlage ('Hosius episcopus




1) Durch Uebernahme der mosaischen Vorschrift bezweckt Benedikt, die bis dahin völlig unbekannte irregularitas ex defectu natalium aufzustellen.    
2) Ediert in der Beilage zu dieser Studie. Es ist Knusts Verdienst, auf diese Quelle hingewiesen zu haben.    
3) Gedruckt hinter der Dionysio-Hadriana, ed. 1609 p. 623-641 nach einem cod. Trecensis (jetzt Montispess. 233 saec. IX.); ed. Migne LXVII, 951-960 nach einem cod. Corbeiensis (jetzt Paris. Sangerm. 936 saec. VII.).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 330]

[verba Olymphi episcopi] dixit') selbstverständlich gestrichen. Varianten unerheblich.

2, 55 = 1 Theodori Poenit. II, 12 § 32, ed. Wasserschleben p. 216, ed. Haddan and Stubbs (Councils III) p. 201, ed. Schmitz, Bussbücher (I) p. 547. II p. 578; vgl. unten 2, 91a. Rubrik von Benedikt. Im Text drei unerhebliche Varianten. - Nicht benutzt ist das Poenitentiale Martenianum (c. 41; Wass. p. 291), ed. Martene, Thesaurus novus anecdotorum IV (1717), p. 38, weil an drei Stellen Benedikt mit Theodor gegen das Martenianum übereinstimmt2.

2, 56 = Fulg. Ferrand. c. 37. Rubrik von Benedikt (wie zu allen folgenden Kapiteln aus Fulgentius). Text wörtlich übereinstimmend mit dem cod. Corb. (gegenüber dem Trecensis eine Variante).

2, 57 = Fulg. Ferrand. c. 92. Vor 'episcopi' schiebt Benedictus ein charakteristisches 'sui' ein, um zu betonen, dass der diözesenfremde Bischof den Priestern nichts zu befehlen und nichts zu erlauben habe; vgl. 2, 58. Im Uebrigen deckt sich Benedikts Text mit dem des Corbeiensis.

2, 58 = Fulg. Ferrand. c. 95, von Benedikt mehrfach interpoliert: 'sine licentia3vel scientia sui (vgl. zu 2, 57) episcopi' statt 'sine conscientia episcopi'; am Schluss fügt Ben. hinzu: 'nec cuiquam tribuant', um jede Verfügung über Kirchengut, nicht blos die Veräusserung zu treffen. Die Fulgentius-Hss. stimmen hier unter sich überein4.

2, 59 = Fulg. Ferrand. c. 99. Eine Variante ('deserit ecclesiam suam et' statt 'deserta ecclesia sua'). Benedikt verschärft die Strafbestimmung gegen das eigenmächtige Verlassen des Kirchenamts, indem er vor 'deponatur' eine Strafbarkeitsvoraussetzung aus der Vorlage ('si post evocationem episcopi sui reversus non fuerit') herausstreicht.

2, 60 = Fulg. Ferrand. c. 100. Benedikt setzt hinter 'diaconus' ein: 'aut subdiaconus'; die Worte 'sancti ministerii quidpiam praesumpserit' hat er verändert zu 'suum ministerium incipiat praesumere'.

2, 61 = Breviatio can. Sardic. codicis Diessensis c. 19. Rubrik von Benedikt. Anfang des Originals ('Hosius episcopus dixit: Hoc nobis, fratres, fixum oportet inserere, ut, quod non credimus esse venturum') gestrichen, ebenso der Schluss ('Synodus respondit: Omnibus nobis placet').




1) Vgl. Wasserschleben, Bussordnungen S. 37.    
2) Also unrichtig Knust l. c. p. 22.    
3) Vgl. 2, 156 interp.    
4) Ebenso im Folgenden.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 331]

Im Uebrigen ist der Text der Vorlage, meist nur leicht, retouchiert (5 Varianten). Nur nach einer Richtung hin hat Benedikt wiederum die Norm seiner Vorlage zugespitzt: nach Benedikt genügt zur Verhängung der schweren Strafe, dass der Kleriker 'ad1 bellum processerit et arma bellica indutus fuerit ad belligerandum'; die Vorlage verlangt Beteiligung am Kampf ('et belligerat', wo Benedikt schreibt 'ad belligerandum').

2, 62 = Fulg. Ferrand. c. 103. Vor 'presbiteris' fügt Benedikt 'ipsius regionis' ein, was den Sinn verdeutlicht, aber nicht verändert.

2, 63 = Fulg. Ferrand. c. 163. Drei unwesentliche Varianten.

2, 64 = Breviatio can. Sardic. c. 3. Rubrik von Benedikt. Der Text steht der Hs. von Diessen (in Kleinigkeiten, die hier Zufall sein können) näher als der Hs. von Freising. Benedikt hat seine Vorlage um den Eingang ('Hosius episcopus dixit') verkürzt, sprachlich in Nebendingen verändert (5 Varianten) und das Recht des verurteilten Bischofs, 'episcopum Romanum adire', unterstrichen durch Vorsetzung der Worte 'si necesse fuerit, libere'2 (ep. adire Rom.).

2, 65 = Fulg. Ferrand. c. 192. Eine Variante.

2, 66 = Fulg. Ferrand. c. 219. Zwei Varianten; die eine besteht in dem überflüssigen Zusatz 'vel eruditioribus' zu 'instructioribus'.

2, 67 = Breviatio can. Sardic. c. 18 (20). Rubrik von Benedikt. Wiederum geht Ben. mit der Hs. von Diessen, und nochmals streicht er den Anfang ('Hosius episcopus dixit'). Hinter 'ab alio' fügt Ben. ein: 'episcopo3, non deprecante vel consentiente suo'; er hat damit nichts Neues verfügt, sondern dieselbe Ausnahme vorbehalten, die sich schon im unverkürzten Kanon (19 Dion.-Hadr.) von Sardica findet. -

Die Stücke aus Fulgentius Ferrandus bilden eine zweimal (durch Ben. 2, 61. 64) unterbrochene Reihe, die genau der Ordnung des Originals (c. 37. 92. 95. 99. 100; c. 103. 163; c. 192. 219) folgt. Die Stücke aus den gekürzten Schlüssen von Sardica (c. 22. 19. 3. 20 codicis Diessensis) kann man ansehen als Reihe invertierter




1) Original: 'in'.    
2) Von 'libere appellare' spricht auch Pseudoisidor, Anaclet. c. 16 i. f. (ed. Hinschius p. 76); Quelle unbekannt.
3) Blosse Erläuterung, da die Weihegewalt auch ohne 'episcopo' nur dem Bischof zugeschrieben werden könnte.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 332]

Ordnung (c. 22. 19. 3) mit einem extravaganten Anhängsel (c. 20). - Ob Benedikt eine Zwischenquelle benutzte, steht dahin; wahrscheinlich ist es nicht.

2, 68-78 aus unbekannten Quellen (Kapitularien und Canones [bzw. Bischofskapiteln oder Poenitentialien]?). Concilium ad Wizipurch?

Hört man Knust1, so ist für alle Kapitel der Reihe 2, 68-78 oder wenigstens für 2, 68. 70. 73-752 die Quellenfrage gelöst. Wir werden sehen, dass dem leider nicht so ist. Eine Fälschung Benedikts scheint für keines der 11 bzw. 13 Stücke in Frage zu kommen. Dass die Stücke systematisch geordnet seien, habe ich nicht finden können.

2, 68: Quelle unbekannt. Knust verweist auf 'Lib. poenit. apud Martene Tom. IV, p. 31 sqq. Thesauri'3 und: 'cf. Zachariae epist. 12'4, ohne dass damit die Quelle ermittelt wäre. Von welcher Autorität in 2, 68 die Neutaufe vorgeschrieben wird, wenn Priester nicht im Namen der Dreieinigkeit getauft haben, lässt sich nicht ausmachen. - Zu den Worten 'iuxta praeceptum domini' etc. vgl. Ev. Matth. 28, 19; zu 'praesbiteri . . . iuxta p. dom. . . . baptizare' vgl. Canones apostolorum c. 49 (Dion.-Hadr. ed. 1609, Bl. XVII).




1) MG. LL. IIb, 22.    
2) Hierzu gibt Kunst seine Zitate ohne das abschwächende 'cf.'.    
3) Gemeint ist Poenitentiale Martenianum (59, 3; Wass. S. 296), Martene l. c. col. 45: 'Baptizati a presbytero non baptizato iterum debent baptizari'; Parallelen: Poen. Cummeani 12, 2 i. f. (Schmitz II 635); Poen. Theodori II 2 § 13 (= Ben. 2, 94). Besser noch würde passen Poen. Merseburg. b, c. 43 (Wass. BO. S. 433): 'Baptizatus a presbytero non recte baptizante iterum debet baptizari'; fast gleichlautend Poen. XXXV capitulorum c. 32 i. f. (Wass. S. 524; Schmitz, Bussbücher II, 247). Vgl. ferner etwa Canones Gregorii c. 27 (Wass. S. 163): 'Si quis baptizatus est ab eretico, qui recte trinitatem non crediderit, iterum debet baptizari'; fast gleichlautend Poen. Theodori I 5 § 6 (Wass. S. 189) und Poen. Cummeani XI, 24 (Wass. S. 487; Schmitz II, 634).    
4) Mit diesem Zitat weiss ich nichts anzufangen. Bei Mansi XII, 345 ist der 12. Brief gerichtet an Bonifatius 'Benedictus deus pater', Jaffé 2291 (= MG. Epist. III, 369-372); bei Migne LXXXIX, 948 an Reginfrid u. a. 'Gratias ego deo', Jaffé 2287 (= MG. Epist. III, 362-364); beide Briefe können nicht gemeint sein. Von der Taufe handelt Papst Zacharias in den Schreiben Jaffé 2274. 2276. 2286 (MG. Epist. III, 324. 336. 357-359); aber auch hier finden sich höchstens entfernte Anklänge (etwa p. 357, lin. 21. 23. 34 'sine invocatione trinitatis'; p. 359, lin. 19 'sine mist[er]ica invocatione').




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 333]

2, 69a: Quelle unbekannt1. Knust bemerkt (a. a. O.): 'cf. Capit. Worm. 829 eccles. 3', d. h. Capitulare Wormatiense 829 c. 3 (MG. Capit. II, 12); c. 3 cit. ist eine Teilparallele zu Ben. 2, 69a, aber nicht dessen Quelle. Benedikt scheint ein nirgends sonstwo überliefertes echtes Capitulare vor sich zu haben. Möglicherweise hat er diese Vorlage interpoliert; verdächtig sind: 'propriis' hinter 'episcopis' (beziehungslos! denn die missi des Königs haben keine episcopi proprii), ferner 'vel quae dotem suam perditam vel subtractam habent'2, weil diese Worte zu dem Imperativ des Hauptsatzes ('dotentur', nicht etwa: 'd. vel dotem recipiant') nicht genau stimmen; endlich der Schluss 'ut, quod iniuste perdiderunt, iuste recipiant', weil diese Motivierung zu der einen Hauptvorschrift (nicht- dotierte Kirchen auszustatten) passt wie die Faust aufs Auge. Die Antithese 'iniuste - iuste' findet sich auch im pseudoisidorischen Phrasenvorrat3.

2, 69b: Quelle unbekannt. Vielleicht aus demselben nichtüberlieferten Capitulare wie 2, 69a. Auch in 2, 69b hat man mit möglicher Verunechtung zu rechnen; die Worte 'aut subtracta reddere noluerint'4 hinken nach, das Wort 'noluerint' ist überflüssige Wiederholung; in dem 'episcopus proprius' tritt die bekannte Lieblingsfigur Benedikts auf5. - Die Zwangsmittel, mit denen der Bischof den Widerstand der Kircheneigentümer brechen soll, sind den Kapitularien auch sonst geläufig; vgl. zum 'reliquias auferre' Cap. Wormat. 829 c. 2 (MG. Capit. II, 12 lin. 25), zum 'ecclesias destruere' Cap. missorum 803 c. 1 (l. c. I, 115), Hlotharii Cap. Papiense 832 c. 1 i. f. (l. c. II, 60, übrigens nicht auf Eigenkirchen bezüglich6)7. - Zu der Frage, warum es heisst 'aliquis liberorum', vgl. Stutz, Gesch. des kirchl. Benefizialwesens I, 1, 224, N. 37; was Stutz von der Frankfurter Synode 794 c. 54 sagt, gilt mutatis mutandis von unserem Kapitel.

2, 70: Quelle unbekannt, trotzdem Knust a. a. O. sie im 'Lib. poenit. apud Martene l. c.' gefunden zu haben behauptet. Dass für Selbstmörder Almosen und Gebete




1) Auch Stutz, Gesch. des kirchl. Benefizialwesens I, 1, 255, N. 62 litt. a, S. 268, N. 24 erwähnt unser Kapitel, ohne eine Quelle namhaft zu machen.    
2) Vgl. auch zu 2, 69b.    
3) Anaclet, c. 26 med. (ed. Hinschius p. 80): 'hi, qui iniuste opprimuntur, iuste reformentur' (Quelle davon unbekannt).    
4) Vgl. zu 2, 69a.    
5) Ben. 1, 134 med. 137. 2, 84 rubr. 85. 108; vgl. auch 1, 16. 2, 57. 58.    
6) Vgl. Stutz a. a. O. S. 227, N. 54 (dazu S. 268, N. 24. 27).    
7) Von blossem 'claudere ecclesias' ist in den Capitula incerta c. 3 (MG. Capit. I, 232) die Rede.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 334]

('oratio in psalmodiis'), aber nicht Oblationen und Messen zugelassen sind, entspricht der Disziplin der Kirche in fränkischer und älterer Zeit. Zum Verbote der Oblationen vgl. Conc. Aurel. II. 533 c. 15 (MG. Conc. I, 63)1, Conc. Bracar. I. 563 c. 162 (Migne LXXXIV, 567)3, Conc. Autissiodor. c. a. 573-603 c. 17 (MG. Conc. I, 181)4; zu der ganzen Vorschrift vgl. Capitula Dacheriana c. 93 = Poen. Theodori II 10 § 3 = Poen. Marten. c. 19 (Wass. S. 153. 211. 286): 'Qui se ipsum occiderit propria voluntate, missas pro eo facere non licet, sed tantum orare et elemosinas largiri'. - Die Motivierung im Schlusssatz ist gebildet mit Hilfe des Römerbriefs 11, 33 und vielleicht des Ecclesiasticus 1, 2. 3.

Absichtlich haben wir das Kapitel 2, 70 bisher betrachtet ohne Heranziehung der Kanonensammlung von 98 Kapiteln5, die in zwei Hss.6 überliefert ist und dem 10. Jh. angehört. Sie beruht7 grossenteils, aber nicht ausschliesslich8 auf Regino. Zu den Regino fremden




1) 'oblationem recipi'.    
2) = Halitg. IV, 6 (Schmitz, Bussb. II, 280).    
3) 'nulla illis in oblatione commemoratio fiat neque cum psalmis ad sepulturam eorum cadavera deducantur'.    
4) 'istorum oblata non recipiatur'.    
5) Vgl. Theiner, Ueber Ivos vermeintliches Dekret (1832) S. 15-17; derselbe, Disquisitiones criticae (1836) p. 152-154; Wasserschleben, Beiträge zur Gesch. der vorgratianischen Kirchenrechtsquellen (1839) S. 29, und namentlich V. Krause, N. A. XVII (1892), S. 295-303. 304.    
6) Wien 2198 (Ius can. 99) saec. X., fol. 88b123b; Bamberg Can. 9 (P I 9) fol. 206a-231b (saec. X.). Die Sammlung ist benutzt im Codex iur. et pol. 107 der K. Handbibliothek zu Stuttgart, was bisher unbemerkt geblieben ist.    
7) Krause a. a. O. S. 298-303 hat die Sammlung analysiert. Seine Analyse bedarf mehrfach der Ergänzung und Berichtigung (dabei ist hinderlich, dass Krause meist nur die Anfänge und Enden mitteilt): c. 15 = Regino 2, 272; c. 27a nicht aus Conc. Agath. c. 51, sondern c. 61; c. 27b nicht schlechtweg aus Conc. Mog. 847 c. 29, sondern zum Teil (vgl.: 'si quis consobrinam - privignam suam duxerit') aus Regino 2, 186; c. 30 allerdings aus Conc. Ancyr. c. 25 Hisp., aber vermittelt durch Poen. Pseudo-Romanum c. 2 § 15 (Wass. S. 366); c. 36b aus Conc. Toletan. I. c. 17 in. = Halitg. IV, 12 in. = Conc. Mog. 852 c. 15 in.; c. 42 Eingang 'Audiant raptores - Anacletus' ist nicht dem Original entnommen, sondern Regino 2, 282 i. f.; c. 69 nicht = Conc. Tolet. I. c. 11, sondern = Conc. Autissiod. c. a. 573-603 c. 44; c. 80 ist wohl aus Hrabanus ad Heribaldum c. 10 (Canisius-Basnage, Lectiones antiquae II, 2, p. 299/300); c. 84 = Conc. Cabillon. 813 c. 40 (MG. Conc. II, 281 f.); c. 92 vielleicht aus Pseudoisidor Calixt. c. 18 sq. (ed. Hinschius p. 141 f.); c. 95: der Schluss stimmt zu Conc. Epaon. 517 c. 30 = Conc. Agath. c. 61 Hisp., vgl. auch Halitg. IV, 21; c. 98: der Schluss stimmt zu Poen. Egberti, Prologus i. f. = Ps.-Beda Prolog. (Wass. S. 233. 250). - Von c. 34 behauptet Schulte, Wiener SB. Bd. 117, XI S. 26, es rühre aus Hraban. ad Herib. c. 20 her, was unrichtig ist.    
8) Auf andere Quellen gehen von den 98 Kapiteln




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 335]

Stücken gehört cap. 12 der Sammlung: 'De eadem re' (scil. De his, qui se interficiunt). Item constitutum est in concilio ad Wizipurch de eo, qui semetipsum occidit aut laqueo se suspendit, ut' (u. s. w. wie bei Ben. 2, 70)1. Von einer Synode zu Wizipurch (Weissenburg? Würzburg?2 Wilzburg?) ist sonst nichts bekannt. Gerade weil der Kanon einem gänzlich unberühmten Konzil mit einem vor jeder Verwechslung sicheren Namen beigelegt wird, dürfte an der Richtigkeit der Angabe kaum zu zweifeln sein3. Dann hätte der Sammler der 98 Kapitel unser Stück natürlich nicht aus Benedikt, sondern aus dem Original entnommen. - Für Benedikt erhöbe sich die Frage, ob er nicht auch andere Kapitel (speziell unserer Reihe) dem Konzil entlehnt habe. Zur Beantwortung der Frage fehlen leider die Anhaltspunkte; höchstens dass zwischen Ben. 2, 70 und 71 eine gewisse Stilverwandtschaft besteht4.

2, 71: Quelle unbekannt5. Knust notiert: 'cf. Capit. Aquis. 802 c. 35. 37' [= Capitulare missorum generale 802 c. 35. 37, vgl. auch ebenda c. 33. 38 (MG. Capit. I, 97 sq.)],



zurück 39 Kapitel und 4 Kapitelteile (c. 8 i. f.; c. 27a. b; c. 36b). Diese Quellen sind a) Konzilien: Afric., bzw. Carthag.: c. 77 (ex conc. Melivitano'). 88. 89. 94; Agath.: c. 27a; Ancyr.: c. 30; Autissiod.: c. 13a. 69 ('in synodo Toletano'); Cabillon. 813: c. 33. 84 ('conc. Hilerdensi'); Epaon.?: c. 95; Ilerd.: c. 81; Mog. 813: c. 65 ('ex conc. Rotumacensi'); Mog. 847: c. 13b (zu Conc. Autissiod. gezogen). c. 27b (zu Conc. Agath. gezogen); Mog. 851: c. 83; Tolet. I.: c. 36b (zu Conc. Agath. gezogen); Tribur 895: c. 24. 46 ('ex eodem concilio', scil. Namnetensi). 70. 96 ('in Antioceno conc.'); Wizipurch?: c. 12; Wormat. 868: c. 41; - b) Dekretalen (durchweg falsch): Ps.-Anacletus: c. 76; Ps.- Calixtus: c. 92; Ps.-Hormisda: c. 90; Ps.-Nicolaus: c. 47; - c) Kapitularien: c. 29 (Ansegisus). 93 (Ben. Lev.); - d) Capitula Angilramni: c. 74. 75; - e) Bussbücher: c. 82 ('ex conc. Magontiano sub Arnulfo rege', vielleicht in der Tat ein Kanon). 98; - f) Schriftsteller: c. 17 ('Augustinus'). 78 ('Beda'). 2 ('Hieronymus'). c. 8 fin. 59. 80 (alle drei: 'Rabanus'). 1b (aus Isidor); - h) Varia: c. 1a. c; - i) Quelle unbekannt: c. 16. 34 ('ex conc. Magont.'). 50. 73 ('in synodo Aurelianensi prima sub Ludowico').    
1) Den weiteren Wortlaut teilt Krause S. 298 nicht mit; etwaige Varianten sind noch festzustellen.
2) Diese zwei Deutungen stellt Krause a. a. O. zur Wahl.    
3) Soweit in der Sammlung die nicht aus Regino stammenden Kapitel mit einer Quellenangabe versehen sind, halten sich richtige und falsche Inskriptionen numerisch ungefähr die Wage. Die falschen sind oben S. 334, N. 8 angegeben. Von absichtlicher Fälschung der unrichtigen Inskriptionen kann keine Rede sein.    
4) 2, 70: 'de eo (Einzahl zu beachten!), qui . . ., consideratum est'; 2, 71 'de illo iudicatum est, qui . . .'.    
5) Vgl. Hinschius, Kirchenrecht V 1, 104, N. 7. Auch die Spezialliteratur (Scherer, Ueber das Eherecht bei Ben. Lev. S. 38. 40. 42; Freisen, unten S. 336, N. 2) macht keine Vorlage namhaft.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 336]

'Raban. epist. ad Reginbald. c. 5'1; damit sind höchstens Parallelen gewonnen, an denen auch sonst kein Mangel ist2. Dass als Quelle möglicherweise das rätselhafte Konzil von Wizipurch in Frage kommen könnte, ist zu 2, 70 bemerkt worden3.

2, 72: Quelle unbekannt4. Knust l. c.: 'cf. Karlom. Capit. 742 c. 5' (MG. Capit. I, 25 = Epist. III, 311 lin. 15 = Conc. II, 4 lin. 2) - eine der vielen blossen Parallelen bezüglich der Amulete ('filacteria')5. Zu den falsae inscriptiones (Zaubersprüche) kann ich z. Z. keine Belege beibringen6; wohl aber ist von den Zauberknoten ('ligaturae') häufig die Rede7. Zum Krankengebet und zur Krankenölung vgl. Jac. 5, 14. 15 (darauf geht 'apostoli') und die unten zu 2, 75a beigebrachten Parallelen.




1) ed. Baluze, Capitularia II, 1379 (= Migne CXII, 1510): '... Unde sancti patres sancxerunt, quod parricidae deponentes militiae cingulum omni tempore vitae suae in poenitentia persistant sive in monasterio deo serviant'.    
2) Vgl. Freisen, Gesch. des can. Eherechts (1888) S. 561 ff. 575 ff. Siehe z. B. Hrabanus ad Heribald. c. 7 (CanisiusBasnage II, 2, 299): 'Non enim eis (parricidis) licebit ultra militiae cingulum sumere et nuptiis atque coniugii copula uti' (= Hrab. Poenit. c. 11). Zur Sache vgl. ferner unten 2, 90. 98.    
3) Vielleicht spielt Conc. Tribur. 895, Coll. Catalaun. c. 13 (N. A. XVIII, 398) auf unser Kapitel mit der dunkelen Wendung 'aliqua priorum statuta' an.
4) Hinschius V 1, 160, N. 1. 2 gedenkt unseres Kapitels nicht, weil es keine strafrechtliche Sanktion enthält.    
5) Vgl. über diese ferner Karoli M. Capitulare primum 769 c. 6. 7 (Capit. I, 45), Indiculus superstitionum c. 10 (l. c. p. 223); Conc. Laodic. c. 36 (Dion.-Hadr. ed. 1609 p. 82: 'Quod non oporteat . . . clericos . . . facere phylacteria'); Conc. Roman. sub Greg. 721 c. 12; Epist. Gregorii III., Jaffé 2246 (MG. Epist. III, 291, lin. 26), Epist. Zachariae, Jaffé 2264 (l. c. p. 304, lin. 32); Bonifatii Mog. epist. ad Zachariam (l. c. p. 301, lin. 16. 22), epist. ad Cudberhtum (l. c. p. 351, lin. 20; = Concil. in Francia hab. 747, MG. Conc. II, 47, lin. 25); Poen. Egberti 8, 4 (Wass. S. 239; Schmitz II, 668) = Poen. Ps.-Bedae 30, 3 i. f. (Wass. S. 272). - Vgl. noch die nächste Note.    
6) Concil. Venet. 465 c. 16 (Bruns II, 145): '... aliquanti clerici . . . quarumcumque scripturarum inspectione futura promittunt' (von c. 42 Conc. Agath. 506, Migne LXXXIV, 269 auch auf Laien bezogen) hat die Wahrsagerei im Auge, nicht den magischen Schutz. Auf Beschwörungssprüche gegen Krankheit(sgeister) könnte dagegen vielleicht gedeutet werden Conc. Burgund. (überliefert als Statuta q. d. Bonifatii c. 33, d'Achéry, Spicil. IX, 66): 'Si quis presbyter aut clericus . . . philacteria, id est scripturas, observaverit, sciat se canonum subiacere vindictis'.    
7) Vgl. Indiculus superstitionum c. 10 cit.; Capitula Martini Bracarensis c. 59, gebildet aus Conc. Laodic. c. 36 cit. (Migne LXXXIV, 582): Regino 2, 5 § 44 (Quelle unbekannt; = c. 4 des angeblichen Conc. Rotomag., Bruns II, 269): 'quaedam nefaria ligamenta . . . ut sua animalia liberet a peste'; Bonifatii Mog. epist. ad Zach. (MG. Epist. III, 301, lin. 16); Poen. Ps.-Romanum 6, 7 (Wass. S. 368), Vindob. a c. 39 (Wass. S. 419, Schmitz II, 353), Merseb. a c. 36 (Wass. S. 395), Valicell. I. c. 89 (Schmitz I, 312), Ps.-Theodori 12, 22 (Wass. S. 598).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 337]

2, 73: Quelle des Kanon unbekannt1. Nach Knust a. a. O. soll das Kapitel stammen aus 'Concil. Paris. 829. I. 49' i. f. (MG. Conc. II, 643)2, welche Behauptung gegen bekannte methodische Grundsätze verstösst. Der Kampf gegen die Pluralität der Kirchenämter setzt mit den Zeiten Ludwigs d. Fr. ein3; vgl. ausser Conc. Paris. 829 cit.: Episcoporum relatio 829 c. 44 (MG. Capit. II, 41); Conc. Aquisgr. 836 Cap. II B c. 16 (MG. Conc. II, 714); Capitulare ecclesiast. 818. 819 c. 11 (MG. Capit. I, 277). Abgesehen von der problematischen Quelle Benedikts in 2, 75b dürfte mit diesen wenigen Zitaten allerdings das karolingische Material einschlagender Vorschriften bis auf die Abfassungszeit der falschen Dekretalen (um 852) erschöpft sein4.5.

2, 74. Nach Knust aus Conc. Aquisgr. 836 Cap. II A c. 10 (MG. Conc. II, 710), was auf den ersten Blick zuzutreffen scheint. Doch ist der Text des Aachener Kanon abweichend formuliert, wenn schon sein Sinn sich mit Ben. 2, 74 decken mag. Zur Zeit Benedikts stehen sich bezüglich der grossen Bittprozessionen ('laetaniae maiores') römischer Brauch und gallisch-germanischer Brauch gegen




1) Vgl. Hinschius, Kirchenrecht III, 245, N. 3 a. E.    
2) '... Hoc tamen specialiter eorum (episcoporum) sollertiae providendum est, ut hac occasione nullus presbyter duas aut tres avaritiae causa, quibus sufficere secundum divinum cultum nullatenus potest, habere audeat basilicas'. Also, abgesehen nur von den Worten 'nullus presbyter', völlig abweichende Formulierung.    
3) Vgl. Hinschius a. a. O.    
4) n. 5 der echten Canones Namnetenses (= Regino 1, 257; Studie I, N. A. XXVI, 60) kann jünger sein als 852, vgl. Studie I a. a. O. S. 61 f.; in den Worten: 'itaque nullus presbyter plures praesumat habere ecclesias' klingt der Canon Namn. an unser Kapitel an. - Der bei Regino I, 247 überlieferte can. 8 Conc. Remens. ist, wie der Schluss ergibt, nachpseudoisidorisch; am Anfang nimmt er auf den Satz Bezug: 'in unaquaque ecclesia presbyter debet esse'. - Die von Krause N. A. XIX, 117 f. edierten Capitula presbyterorum XVII gehören (wie die überliefernde Münchener Hs. 3851) dem 9. Jh. an; sie sind sicher älter als Regino (c. 15 = Reg. 1, 277; c. 16 = Reg. 1, 278) und jünger als die vor 813 fallenden Capitula ecclesiastica (MG. Capit. I, 178) = Anseg. 1, 147, weil c. 8 dieser Capitula in c. 2 der Krauseschen Capitula benutzt ist. Ob sie aber noch der 1. Hälfte des 9. Jh. angehören, steht dahin. In diesen Cap. presb. lautet c. 15: 'Ut unusquisque presbyter ecclesia una, ubi ordinatus est, contentus sit (ähnlich Episc. rel. 829 c. 44 cit.) et nullus in duabus ecclesiis ministrare praesumat'.    
5) Stutz, Gesch. des kirchl. Benefizialwesens I, 1, 256, N. 66 zitiert noch Theodulfi Capitulare (primum) c. 16 und Ben. Lev. 3, 206; beide Stellen handeln aber nicht von der Uebernahme mehrerer Kirchen durch ein und denselben Priester, sondern von Geldspenden mit dem Zweck, eine Kirche ihrem Inhaber zu entziehen; solcher Simonie kann sich auch schuldig machen, wer noch garnicht angestellt ist oder wer bereit ist, auf sein geringeres Benefizium zu verzichten.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 338]

über1. Die Römer feiern die grosse Litanei an einem festen Kalendertag (25. April), die Franken an den beweglichen drei Tagen vor Himmelfahrt. An dem fränkischen Brauch hält noch Conc. Mogunt. 813 c. 332 (MG. Conc. II, 269) fest3. Spätestens mit dem Conc. Aquisgr. 836 setzen die Romanisierungstendenzen4 in der fränkischen Kirche ein5. Doch bleibt die Möglichkeit offen, dass die Aachener Synode einer älteren Vorlage folgte, und zwar derselben, deren Text in Ben. 2, 74 vorliegt; vgl. was zu 2, 75a auszuführen sein wird.

2, 75. Knust bemerkt in seiner Tabula fontium: 'Concil. Aquis. 836. III. 5 et Concil. Paris. l. c.; cf. Concil. Nannetens. c. 8'. Die zitierten Quellen sind aber nur Scheinquellen.

2, 75a: Quelle unbekannt. Von den Parallelen6 kommt allerdings Conc. Aquisgr. 836 Cap. II B c. 5 i. f. (MG. Conc. II, 712) unserem Teilkapitel am nächsten:

Ben.
Conc. Aquisgr.
  Si infirmitate depressus   . . . Si autem infirmi-
quis fuerit, vitam sine tate depressus fuerit, ne
communione non fi- confessione atque ora-




1) Vgl. insbes. Walafridus De exord. et increm. rer. eccl. (a. 840 -842) c. 29 (MG. Capit. II, 513 f.). Die sog. 'letaniae minores' (den Ausdruck finde ich im 9. Jh. nicht) werden die gewöhnlichen, minder feierlichen Bittgänge sein. Jedenfalls erhellt aus Walafrid, dass die spätere technische Bedeutung von 'letaniae minores' (='rogationes' an den drei Tagen vor Himmelfahrt) dem 9. Jh. noch nicht bekannt war; auch der gallische 3tägige Bittgang fällt unter die 'laetaniae, quas maiores vocamus'.    
2) = Ben. 1, 150.    
3) So auch Boretius, MG. Capit. I, 179, N. 12; a. M. Werminghoff (Note 3 zu c. 33 Mog. cit.), der 'laetania maior' im späteren Sinne versteht.    
4) Seine Unterwerfung unter den mos Romanus verbrämt das Aachener Konzil mit dem Vorbehalt, dass die Feier am 25. April 'secundum consuetudinem nostrae ecclesiae' gehalten werden solle. Dabei wird an die liturgische Ausgestaltung und nicht an das Triduum zu denken sein, welch letzteres sich mit der eintägigen Feier des 25. April nicht verträgt.    
5) Bezeichnend für ihren Sieg ist die Interpolation, welcher Regino 1, 279 den Mainzer Schluss unterzogen hat. - Zu 'more Romano' vgl. Ben. 1, 371. 372.
6) Betreffend die letzte Oelung bzw. Krankenölung: Innocentius I. ad Decentium, Jaffé 311, c. 8 Dion.-Hadr. (ed. 1609 p. 336 sq.); Karoli M. Cap. primum 769 c. 10 (MG. Capit. I, 45); Capitula a sacerdotibus proposita 802 (oder 801?) c. 22 (l. c. p. 107, cf. MG. Conc. II, 228); Capitula eccles. 810-813? c. 17 (l. c. p. 179); Ghaerbaldi Capitula 802-810 c. 19. 20 (l. c. p. 244); Conc. Cabillon. 813 c. 48 (MG. Conc. II, 283); Burgundische Synode bei Ben. 2, 178. 179; betreffend die Kommunion z. B. Capitula eccles. 810-813? c. 16 (MG. Capit. I, 179).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 339]



Ben.
Conc. Aquisgr.
niat1 nec unctione sacrati tione sacerdotali nec
olei careat. Et si finem non unctione sacrificati
perspiciat, sacrosanc- olei per eius negligen-
to corpore deo anima tiam careat. Denique
eius a sacerdote prae- si finem urgentem per-
cibus commendetur. spexerit, commendet ani-

mam christianam do-

mino deo suo more sa-

cerdotalicum accep-

tione sacrae commu-

nionis . . .

Die Abweichungen Benedikts von dem Kanon sind aber so erheblich, dass man Benedikts Quelle in dem Aachener Text schwerlich erblicken darf. Zudem erscheint Benedikts Fassung der Vorschrift als die rohere (vgl. 'sacrosancto corpore . . . commendetur') und darum ursprünglichere. Es wird also geraten sein, umgekehrt in Benedikts Text einen unbekannten Kanon (von 829?) zu vermuten, der 836 in Aachen überarbeitet wurde.

2, 75b: Quelle des Kanon(?) unbekannt2. Nach Knust soll Quelle sein lib. I c. 49 i. f. des Pariser Konzils 829 (s. oben zu 2, 73) und daneben noch Conc. Namnet. c. 8 (= n. 5 der echten Canones Namnet.)3 in Betracht kommen. - Der Anfang unseres Teilkapitels (bis 'vindicet') deckt sich im Wesentlichen mit Ben. 2, 73; es gilt das oben zu 2, 73 Gesagte also auch für 2, 75b. Der Begründungssatz ('quia - ecclesiam') operiert mit dem Gleichnis der Ehe: wie dem Weltlichen der Besitz zweier Frauen verboten sei, so dem Priester4 der Besitz zweier Kirchen. Dieselbe Analogie verwertet der angeführte echte canon Namnet., aber in anderer Fassung und in Verbindung mit einer zweiten Analogie5. Kann schon wegen letzterer Tatsachen von einer Benutzung des Nanteser Konzils durch Benedikt schwerlich die Rede




1) Vgl. Capitula ecclesiastica 810-813? c. 16 (MG. Capit. I, 179): 'ne sine communione moriatur'.    
2) Vgl. Hinschius, Kirchenrecht III, 245, N. 3 a. E.    
3) Vgl. oben zu 2, 73 a. E. Note 4.    
4) Auch Pseudoisidor verwendet das Gleichnis: 'uxor episcopi, quae eius aecclesia vel parrochia indubitanter intelligitur' (Calixt. c. 14, ed. Hinschius p. 139; Quelle nicht ermittelt), übrigens zu einem anderen Zwecke (gegen Intrusion und Translation von Bischöfen).    
5) Satz 1 des Kanon lautet: 'Sicut enim episcopus non plus potest habere quam unam civitatem et vir unam uxorem, ita presbyter unam tantum ecclesiam'.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 340]

sein1, so steht ferner die unsichere Chronologie der Synode von Nantes2 der Annahme einer Benutzung im Wege.

2, 76: Quelle unbekannt. Knust zitiert: 'cf. Concil. Paris. I. 35'3. Hier erscheint aber die halböffentliche Busse als ohne Weiteres eintretende Nebenstrafe der Degradation, während unser Kapitel die volle öffentliche Busse als Hauptstrafe über rückfällige bereits degradierte Priester verhängt. Der unbekannte Kanon, der in unserem Kapitel vorzuliegen scheint, richtet sich gegen die Entwickelungstendenz, die schliesslich zur Befreiung der Kleriker von der öffentlichen Busse alten Stils führte4.

2, 77: Quelle unbekannt. In dem Bussbuch, auf das Knust verweist: 'cf. Capit. Theodori Cant. c. 103'5, d. h. in den Capitula Dacheriana c. 146 (Wass. S. 158), steht nichts weiter als: 'Ex aqua benedicta domus aspergendae sunt'. Auch in der Bischofsrede, auf die Knusts Zitat: 'Martene collect. T. VII6 p. 3' geht, d. h. in der sog. Homilia Leonis IV., lesen wir nur7: 'Omni die dominico ante missam aquam benedictam facite, unde populus (et loca fidelium) asperga(n)tur, et ad hoc solum vas habete'. - Wenn unser Kapitel (Kanon?) bestimmt, dass das am Sonnabend vor Ostern oder am Sonnabend nach Pfingsten zu Besprengungszwecken nach Hause erbetene Weihwasser abgegeben werden solle vor der Vermischung mit dem Chrisma, so stellt es sich m. E. in die Reihe der Vorschriften8, die dem Missbrauch des Chrismas zu abergläubischen Zwecken entgegentreten wollen.




1) Vgl. Studie I (N. A. XXVI), 39, N. 2.    
2) Vgl. oben S. 337, N. 4.    
3) Conc. Paris. 829 lib. I c. 35 i. f. (MG. Conc. II, 635) lautet: '... ut unusquisque episcoporum . . . praesbyterorum . . . parroechiae suae gradum amittentium vitam et conversationem morumque emendationem . . . noverit eosque canonicae paenitentiae (dazu Hinschius V 1, 100/101, N. 12) subdere non neglegat'. - Vgl. auch Conc. Cabillon. 813 c. 40 (MG. Conc. II, 281 sq.: '... gradu amisso agendae poenitentiae gratia in monasterio . . . mittantur'); Hlotharii I. Capitulare Papiense 832 c. 3 in. (MG. Capit. II, 60).    
4) Hinschius IV, 821 f. V 1, 100-102. 115 f.    
5) Zuerst ediert in d'Achéry, Spicilegium IX (1669), p. 61.
6) Martene et Durand, Veterum scriptorum ampliss. collectio VII (Paris. 1733).    
7) Vgl. auch den Text bei Sdralek, Wolfenbüttler Fragmente S. 181.    
8) Capitula post a. 805 addita c. 1 (MG. Capit. I, 142); Capitula in dioecesana quadam synodo tractata (saec. IX. in.) c. 11 (l. c. p. 237); Capitulare Aquisgr. 809 c. 10 (l. c. p. 149); Capitulare missorum Aquisgr. primum 809 c. 21 (l. c. p. 150); Conc. Arelat. 813 c. 18 (MG. Conc. II, 252; = Statuta q. d. Bonifatii c. 5, vgl. Studie IV, N. A. XXIX, 311); Conc. Mogunt. 813 c. 27 (MG. Conc. II, 268) = Capitula e canonibus excerpta 813 c. 17 (MG. Capit. I, 174 = MG. Conc. II, 296); Conc. Turon. 813 c. 20 (MG. Conc. II, 289).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 341]

2, 78: Quelle unbekannt. Knust denkt an Pseudoisidor: 'cf. Pseudo-Clementis epist. 1 et 3', d. h. Ps.- Clem. I. c. 36 (p. 41). 42 in. (p. 44), Ps.-Clem. III. c. 70 (p. 57 sq.)1. Eine bessere Parallele - aber nicht mehr als dieses - bietet Conc. Valletanum c. 5 (Migne LXXXIV, 328). Benedikt wird nicht müde, Klerus2 und Volk3 den kanonischen Gehorsam gegen ihre Bischöfe einzuschärfen (Ben. 1, 137 Mitte; 1, 322b Anfang und Ende; 2, 163; 2, 176 nach dem Anfang und am Ende; 3, 155).

2, 79-81 aus S. Bonifatii et Lulli epistolae.

2, 79 aus Epist. 78 (Bonifatius Cudberhto archiep. Cantabrig., anno 747), MG. Epist. III, 351, lin. 12. 134. Rubrik von Benedikt. Zwei harmlose Interpolationen ('Dignum est' statt 'Decrevimus', 'est' statt 'sit') und eine vielleicht tendenziöse: 'metropolitanus . . . honoretur5 et caeteros admoneat' schreibt Benedikt, wogegen die Vorlage besagt: 'metropolitanus . . . hortetur caeteros et admoneat'.

2, 80 = Add. IV. 75a. - 2, 80a ('Progeniem - generationem') aus Epist. 28 (Gregor III. an Bonifatius, um 732, Jaffé 2239 [1724]), MG. Epist. III, 279, lin. 36. 376. Rubrik von Benedikt. Zwei Varianten ('Progeniem' statt 'Pr. vero'7, 'unumquemque'7 statt 'quemque').

2, 80b ('Et quandiu - societatem') aus Epist. 26 (Gregor II. an Bonifatius, a. 726 Nov. 22, Jaffé 2174 [1667]), MG. Epist. III, 275, lin. 31. 326. Zwei stilistische Veränderungen ('Et'7 statt 'Dicimus, quod oportuerat quidem', 'accedant' statt 'accedere'7). - Die im Original folgende, wichtige Einschränkung des Verbots der Verwandtenehe lässt Benedikt weg.

2, 81 aus Epist. 45 (Gregor III. an Bonifatius, a. 739 Oct. 29, Jaffé 2251 [1734]), MG. Epist. III, 293, lin. 29-33. Rubrik von Benedikt. Textliche Abweichungen ohne sach




1) Knust hätte noch auf Ps.-Pius c. 10 (p. 120) nebst Parallelen verweisen können. - Vgl. auch Conc. Matiscon. I. 583 c. 10 in. (MG. Conc. I, 157); Conc. Arelat. 813 c. 13; Mogunt. 813 c. 8; Turon. 813 c. 33; Capitula e can. excerpta 813 c. 10 u. s. w.    
2) Also auch den Geistlichen an den Eigenkirchen der Grundherren.    
3) Merkwürdig ist, dass in Benedikts Rubrik statt der 'populi' die 'presbiteri' erscheinen.
4) Wiederholt MG. Conc. II, 47, lin. 17. 18.    
5) Also nur Ehrung (nicht Gehorsam)?    
6) Auch Pseudoisidor (Gregor. ad Felicem, ed. Hinschius p. 751 unten) hat die Stelle benutzt; wie die Lesarten zu ergeben scheinen, hat Pseudoisidor sowohl Benedikt als das Original herangezogen.    
7) So auch Add. IV. 75 und Pseudoisidor.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 342]

liche Bedeutung, zum Teil bedingt durch die Umsetzung der Brief- in die Kapitularienform ('Presbiteros' statt 'Pr. vero', 'unusquisque episcopus in sua parrochia repperit' statt 'ibidem repperisti', 'et apti' statt 'apti'); Benedikts Lesart 'omnique lege sancta educati' steht1 als Korrektur in cod. 22, während cod. 4 'o. l. s. edocti' und die Mehrzahl der Hss.3 'omnemque legem sanctam edocati' schreiben. -

Von den genannten 4 Briefen aus der Sammlung des Bonifatius hat Benedikt den ersten in der Collectio maior, die 3 anderen in der Collectio minor vorgefunden; die Reihenfolge dieser letzteren 3 Briefe ist in der Collectio minor (und in unserer Ueberlieferung, d. h. in den codices 1. 2. 4) nicht: 26. 28. 45, sondern: 28. 26. 454, so dass Benedikt auch hier reihengetreu exzerpiert hat.

*  *  *

2, 82: Quelle unbekannt. Ein Kapitulare, das allgemein und ohne Weiteres auf Versagung der Herberge, die der Wanderer heischt, eine Busse von 60 solidi setzte, ist nicht überliefert. Das Gebot, den Wegfahrern oder gewissen Wegfahrern zu jeder Zeit oder wenigstens im Winter Obdach zu gewähren, kehrt mehrfach in den Kapitularien wieder; vgl. Pippini Capitulare Aquitan. 768 c. 6 (hier die Phrasen: 'in itineri pergit'; 'mansionem nullus vetet'); Cap. Haristall. 779, forma communis, c. 14 in der Fassung des cod. 10 ('mansionem vetare'); Capitulare missorum generale 802 c. 27; Cap. miss. 803 c. 17 ('mansionem contradicere')5; Capitula omnibus cognita facienda 801-814 c. 1 ('nullus . . . deneget mansionem'); Pippini Cap. Papiense 787 c. 4 ('et quando hibernum tempus fuerit, nullus debeat mansionem vetare ad ipsos iterantes')6.

*  *  *

2, 83: Quelle unbekannt. Dass jeder Getaufte zur Förderung seines Seelenheils womöglich die Firmung empfangen soll, wird von Alters her als eine religiöse Pflicht betrachtet7. Zur Rechtspflicht hat das religiöse




1) Mit einer Abweichung: 'edocati' statt 'educati'.    
2) Vgl. Studie VI (N. A. XXXI), S. 63 zu Ben. 1, 1.    
3) Codd. 1. 2 im nichtkorrigierten Text. 6.    
4) Vgl. Dümmler in MG. Epist. III, p. 215, N. 2, p. 216. 217 unten. 221 Mitte.    
5) Nach Knust Quelle Benedikts, was nicht zutrifft.    
6) MG. Capit. I, 43. 50. 96. 116. 144. 199.    
7) Vgl. die bei Pseudoisidor p. 245 wiedergegebene Homilie (5. Jahrh.?); Cap. Dach. c. 7 = Can. Greg. c. 12 = Poen. Theod. II, 4 § 5 (Wass. S. 146. 162. 205).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 343]

Gebot nur Pseudoisidor1 gesteigert. So weit geht Benedikt nicht: er verlangt nur, dass alle Dritten ('omnes', d. h. wohl zunächst Eltern2, Priester, Bischöfe) ihr Möglichstes tun sollen, damit Niemand ohne bischöfliche3 Konfirmation sterbe4.

*  *  *

2, 84 cf. Lex Visigothorum 4, 5, 6 (Erv.), MG. Leges Visig. p. 202 lin. 20 - p. 203 lin. 3. Rubrik von Benedikt5. Die Textverhältnisse lassen sich nur durch Nebeneinanderstellung veranschaulichen:

Lex Visig.
Ben.
  Multorum enim mentes
pontificum . . . quedam de
his, que in eorum diocesi
fundatis ecclesiis pia fidelium   Qui fidelium oblationes
oblatione donantur, insatia- ab ecclesiis vel a iure
bili rapacitatis studio aut sacerdotum auferunt
iuri ecclesie principalis in- vel ablatas accipiunt,
nectunt aut donanda aliis
vel sub stipendio habenda
distribuunt, sicque non solum non solum aliena vota dis-
aliena vota disrumpunt, sed rumpunt, sed et sacrilegium
et sacrilegium operantur in operantur nec non et ec-
eo, quod ecclesie Dei frau- clesiae Dei fraudatores exi-
datores existunt. Ecclesiam stunt, quia ecclesiae ali-
quippe fraudare sacrilegium quid fraudari vel auferre
esse a maioribus6 adprobatur. sacrilegium esse a maioribus

adprobatur.




1) Urban. c. 10 i. f. (p. 146): 'Omnes . . . fideles per manus impositionem episcoporum spiritum sanctum post baptismum accipere debent'.    
2) Vgl. unten 2, 177.    
3) Vgl. Innocentius I. ad Decentium (Jaffé 311) c. 3.    
4) Dem Taufenden wird mehrfach die Pflicht auferlegt, für die Vornahme der späteren Firmung zu sorgen; vgl. Conc. Eliberitan. (vor 316) c. 38. (77), Migne LXXXIV, 306. 310; Conc. Aquisgr. 836 Cap. II B can. 7 med. (MG. Conc. II, 712 lin. 5): 'Post acceptum autem sacrum baptisma sine manus inpositione episcopi non remaneat'. Den Kanon von Aachen hält Knust für die Quelle(!) Benedikts. Vollends abwegig ist Knusts Hinweis auf Cap. a sacerdotibus prop. 802? c. 22 (MG. Capit. I, 107), wo nicht von der Firmung, sondern von der Krankenölung gehandelt wird.    
5) Sie lautet: 'De his, qui fidelium oblationes' (aus dem Texte) 'auferunt' (aus dem Text, vgl. das Folgende, S. 344 oben) 'vel vastant' (vgl. Ben. 2, 89 i. f. 370. 404. 405. 407. 430. 431) 'aut sine proprii episcopi iussione' (vgl. unten zu 2, 85. 108. 156. 157; Conc. Gangr. c. 8 D.-H.: 'praeter episcopum') 'dant vel accipiunt' (vgl. Conc. Gangr. cit.: 'dederit vel acceperit'; 'et qui dat et qui accipit').    
6) Zeumer weist die Quelle, die hier das Gesetz im Auge hat, nicht nach; gemeint ist




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 344]

Interpoliert sind also der Anfang und, wenn wir von blos formellen Eingriffen ('nec non et', 'quia - fraudari') absehen, die Worte 'vel auferre' am Schluss. Die Quelle des Anfangs ist unbekannt; höchstens könnte 'accipiunt' durch Conc. Gangr. c. 8 (S. 343, N. 5) beeinflusst sein.

*  *  *

2, 85 aus Damasus' I. Schreiben an den Bischof Paulinus von Antiochia, a. 380, J. 235 (57)1, ed. Migne LVI, 688 (Quesnelliana cap. LV); ed. Migne LXXXIV, 630 (Hispana num. 2, c. 3 in.)2 u. s. w. Rubrik von Benedikt3. Text mehrfach leicht überarbeitet; beachtenswert, dass nach den Anfangsworten 'Presbiteri, qui' von Benedikt eingeschoben wird: 'sine iussione proprii episcopi' (vgl. zu 2, 84 rubr.), was aber keine Rechtsänderung bedeutet; die Aenderung 'a communione habeantur alieni' statt 'a communione nostra habemus (habeamus) alienos' forderte der Kapitularienstil. - Zur Sache vgl. Ben. 2, 59. 200.

2, 86. 87 aus der Synode von Herford 6734.

2, 86 = Conc. cit. c. 6. Rubrik von Benedikt; im Original geht dem Texte das Wort 'Sextum' voraus. Text wörtlich wie in der Vorlage.

2, 87 = Conc. cit. c. 10. Rubrik von Benedikt; im Original lautet sie abweichend: 'Decimum pro coniugiis'. Zwei untergeordnete Varianten ('quisque' statt 'quisquam'; 'aut' hinter 'sed' eingeschoben).

*  *  *

2, 88: Quelle unbekannt. Wahrscheinlich von Benedikt entweder gefälscht oder zum Mindesten interpoliert. Das Kapitel kehrt noch zweimal in Benedikts Sammlung wieder (3, 397; Add. IV. 38); in Add. IV. 38 ist es inskribiert ('Item in capitulo domni Karoli imperatoris'), aber nicht



Hieronymus ad Nepotian., bzw. Conc. Vasense I. 442 c. 4 i. f., vgl. unten zu Ben. 2, 370. 394. 407.    
1) Maassen, Gesch. der Quellen I, 232 f. zählt 21 Kanonensammlungen auf, in denen sich das Schreiben findet. Benedikt benutzt es wohl nach der Hispana Augustodunensis.    
2) In der Hs. der Augustodunensis ist das Stück in Folge eines Versehens ausgelassen, s. Maassen, Pseudoisidor-Studien II (Wiener SB. CIX), S. 19. Der Text unseres c. 3 wird sich in der Augustod. mit dem pseudoisidorischen Text (ed. Hinschius p. 516 oben) gedeckt haben.    
3) Sie fehlt in der Quesn.; lautet anders in der Hispana und in der Augustod.
4) Ueberliefert bei Baeda, Hist. eccl. 4, 5. Daraus ediert z. B. von Mansi XI, 127 f.; Bruns II, 310; Haddan and Stubbs, Councils III, 120 f.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 345]

rubriziert; in 2, 88 und 3, 397 rubriziert1, aber nicht inskribiert. Der Text stimmt an allen 3 Stellen fast wörtlich überein2. An Mosaiksteinchen, aus denen Benedikt das Kapitel zusammensetzte, hat sich bisher Folgendes gefunden:

a) Der Anfang 'Si quis secularium'3 und die Worte 'distulerit, tamdiu sit ab ecclesia', sowie zum Teil vielleicht der Gedankengang sind beeinflusst von Conc. Autissiodor. ca. a. 573-603 c. 44 (MG. Conc. I, 183):

  Si quis ex saecularibus institutionem aut ammonitionem archipresbyteri sui contumacia faciente audire distulerit, tamdiu a liminibus sanctae ecclesiae habeatur extraneus, quamdiu tam salubri(-brem) institutione(m) adimplere deberit (sic) . . . ;

b) die Worte 'tam maioris4 ordinis quam et4 inferioris' stammen aus Innocentii I. epist. ad Victricium episc. Rotomag. 'Etsi tibi frater' (Jaffé 286 [85]) c. 3 in.5: 'tam superioris ordinis quam etiam inferioris';

c) 'vocatus . . . ad emendationem ac poenitentiam venire' - diese Worte finden sich fast buchstäblich6 im Eingange der Exkommunikationsformel, die bei Regino 2, 413 (ed. Wasserschleben p. 371) steht und deren Ursprungsverhältnisse im Dunkeln liegen. Darf man annehmen, dass die Formel schon 60 Jahre vor Regino im Gebrauch war, so stände nichts im Wege, in ihr eine Quelle Benedikts zu sehen;

d) zu: 'ab ecclesia extorris' vgl.7 Conc. Tolet. VI. 638 c. 6: 'ita de christianorum coetu habeantur extorres';

e) zu den Worten '(a) catholicorum consortio sequestratus' vgl. z. B. Conc. Tolet. V. 636 c. 3 i. f.: 'a consortio catholicorum (privatus)'; Conc. Aspasii 551 c. 1: 'a




1) Und zwar 2, 88 'De his, qui episcoporum vocationem vel correctionem contempserint'; 3, 397 'De secularibus, qui episcopis suis inobedientes existunt et ad emendationem sui tardant venire, quid agendum sit'.    
2) Abweichungen: in 2, 88 fehlt 'a' (vor 'catholicorum') und 'inlicite' (vor 'commisit'), während sich diese Wörter in 3, 397 und Add. IV. 38 finden; am Schlusse hat 2, 88 'melioratus', 3, 397 'emendatus', Add. IV. 38 'per satisfactionem emendatus'.    
3) So beginnt auch Conc. Agath. c. 32 Satz 2 'Si quis vero saecularium' (Migne LXXXIV, 268).    
4) So sagt auch Pseudoisidor (Clemens c. 57, ed. Hinschius p. 53): 'omnesque principes tam maioris ordinis quam et inferioris'.    
5) Hispana ed. Migne LXXXIV, 645; Hisp. Augustodunensis fol. 127b.    
6) '(Igitur quia monita nostra . . . contemnit, quia tertio . . .) vocatus ad emendationem et poenitentiam venire (despexit' etc.).    
7) Der Ausdruck 'extorris' ist in den echten Quellen überaus selten; dagegen gebraucht ihn Benedictus mit Vorliebe, vgl. 2, 370h. 383. 407d. 3, 261h.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 346]

. . . (convivio) catholicorum . . sequestratus'; Conc. Paris. 614 c. 8 (6): '(ab ecclesia) sequestratum'; ibid. c. 11 (9): 'a (communionis gratia) sequestratus'; Conc. incerti loci post a. 614 c. 12: 'ab (ecclesia) sequistrentur';

f) zu 'tamdiu sit . . . sequestratus, quousque emendet ac . . . reatum suum usque ad satisfactionem canonice diluat' vgl. Conc. Paris. 614 c. 11 (9) cit.: 'tamdiu sit . . . sequestratus, quo(ad)usque res ablatas cum fructuum satisfactione restituat'; ibid. c. 6 (4): 'ab ecclesia . . . tamdiu sit sequestratus, quamdiu reatum suum . . emendet'; Conc. Paris. 573 (MG. Conc. I, 150 lin. 13 sq.): 'per satisfactionem . . reatum suum abluere';

g) am Schlusse spricht Benedikt von der Rekonziliation des bussfertigen Gebannten; der Gebannte wird 'dem Schoss der Kirche, von deren Gebärmutter er auf Abwege sich begeben hatte', nach geleisteter Genugtuung gebessert 'zurückgegeben'. Diese gehobene, mit einem eigentümlichen Bild arbeitende Ausdrucksweise fällt so sehr aus dem Stil der Kanonen1 und der weltlichen Gesetze heraus, dass es nahe lag, auf theologischem, z. B. liturgischem Gebiete nach der Quelle Ausschau zu halten. Und in der Tat stellten sich Anklänge heraus an ein Gebet (oratio), das der Bischof bei der feierlichen Wiederaufnahme des öffentlichen Büssers am Gründonnerstag ('Reconciliatio poenitentis in cena domini') spricht:

Oratio2.
Ben.
  Praesta, quaesumus, domi-   . . . reconciliatione . . .
ne, huic famulo tuo dignum episcopi divinis praecibus in-
paenitentiae fructum3, ut dulgentiam consequatur
aecclesie tue sancte, a et veniam ecclesiae-
cuius integritate devia- que gremio, a cuius utero
rat peccando, admissorum deviaverat, peracta satis-
veniam consequendo factione ab eodem melio-
reddatur innoxius per. ratus episcopo canonice

reddatur.

Das Alter des Sacramentarium Fuldense, in dem sich der Ordo poenitentiae mit dem Gebete findet, steht leider




1) Etwa abgesehen von den westgothischen.    
2) Ed. Schmitz, Bussbücher II, 62 aus einer Fuldaer Hs. der Göttinger Universitätsbibliothek (Cod. theol. 231 saec. XI. fol. 56b').    
3) Vgl. Ben. 1, 121. 125 und dazu Studie VI (N. A. XXXI), S. 80.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 347]

nicht fest1; Schmitz2 versetzt es ins 8. Jh. Aber auch wenn es jünger sein sollte, kann das Sacramentarium und speziell unser Gebet auf einer älteren, vorbenediktischen Vorlage beruhen. Es hat sogar den Anschein, als habe Benedikt die ältere, ungeschlachtere Fassung des Passus 'ecclesiae (tuae) gremio3, a cuius utero devia[ve]rat' aus dem Gebete aufbewahrt; eine ästhetisch feiner fühlende Zeit mag (an dem 'gremium' und vollends) an dem 'uterus ecclesiae' Anstoss genommen und die betreffenden Worte durch die farblosen Ausdrücke ('sanctae' und) 'integritate' verdrängt haben4. -

Sollte Benedikts Vorlage ein echter Text gewesen sein, so kann ihn Ben. immer noch verunechtet haben. Der Interpolationsverdacht könnte sich richten auf die Worte:

α) 'sui' vor 'episcopi auctoritate', vgl. oben zu 2, 69b;

β) 'proprii' in der Wendung 'reconciliatione proprii episcopi', vgl. oben a. a. O.;

γ) 'divinis praecibus' vor 'indulgentiam consequatur', vgl. Studie VI (N. A. XXXI), S. 80 f. 83 zu Ben. 1, 128. 134. 136;

δ) 'ab eodem (melioratus) episcopo' vgl. oben zu α. β.

*  *  *

2, 89a. b: Quelle unbekannt. Vermutlich Fälschung Benedikts. Teile des Kapitels kehren unten 3, 261 wieder5. Woher Benedikts Phrasenschatz stammt, hat sich bisher nicht ermitteln lassen.

2, 89a. Knust verweist auf Conc. Paris. V. 614 c. 10 (8)6 und Conc. Carthag. 337; die angeführten Kanonen können kaum als Parallelen, geschweige denn als Quellen unseres Teilkapitels gelten.

2, 89b ('Similiter omnes monemus' etc.). Unaufhörlich mahnt Benedikt, 'a cuncta ecclesiarum omnium vasta-




1) Auf das ausgehende 10. oder beginnende 11. Jh. als terminus ante quem führt für unser Gebet nicht nur das Alter der Göttinger Hs., sondern auch die Aufnahme des Gebets in die Kanonensammlung Burchards (11, 8).    
2) Schmitz a. a. O. S. 55 f.    
3) Stand in der zu Benedikts Zeit gebrauchten Exkommunikationsformel: 'a sanctae matris ecclesiae gremio segregamus' oder 'eliminamus' (Regino 2, 416. 417; ed. Wasserschleben p. 374 sq.), so begreift sich die Wiederkehr des Wortes 'gremium' in dem Gebete der Rekonziliationsformel.    
4) Auch das 'innoxius' kann sehr wohl einer jüngeren Entwickelungsstufe im Rechte der Rekonziliation entsprechen als das bescheidenere 'melioratus' (oder 'emendatus').    
5) 2, 89a fin. 'ambiant - exurat' = 3, 261f; 2, 89b 'nam devastantes' bis Schluss = 3, 261c.    
6) MG. Conc. I, 188.
7) Dionysio-Hadriana ed. 1609 p. 200.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 348]

tione' abzustehen; vgl. 2, 84 (rubr.). 370 (gegen Ende). 404 (Anfang). 405. 407. 430. 431 u. s. w. - Sollte der rhetorische Schluss des Kapitels: 'Videant vastantes, pronuntiamus, ne ab illo si se commoveat vastentur, cuius percussionem montium dorsa ferre non possunt' in einer Exkommunikationsformel oder dgl. zu suchen sein?

2, 90-95 aus Theodori Poenitentiale1.

2, 90 cf. Theodori Poen. I, 4 § 5, ed. Wasserschleben p. 188, ed. Haddan and Stubbs (Councils III) p. 180, ed. Schmitz (I) p. 528. II, p. 548. Rubrik von Benedikt. Text durch Benedikt mehrfach interpoliert. Er hat (am Schluss des Kapitels) statt der privaten die öffentliche Busse verhängt ('publicam poenitentiam gerat' statt 'poeniteat'). Den Mörder eines Mönches oder Klerikers bestraft er, wie die Vorlage, mit Verweisung ins Kloster ('Deo serviat')2, hält es aber für nötig, die nach dem staatlichen und kirchlichen Recht der Franken ganz ungewöhnliche Strafe3 durch nähere Erläuterungen zu verdeutlichen (Einschiebsel: 'in monasterio . . . cunctis diebus vitae suae'; vgl. wegen 'cunctis' etc. die Quellenangabe oben zu 2, 41b); mit dem Zusatz 'nunquam ad seculum reversurus'4 greift Benedikt5 auf altkirchliches Recht zurück, vgl. Leos I. Schreiben an Rusticus 'Epistolas fraternitatis' J. 544 (Dion.-Hadr. c. 24, ed. 1609 p. 458): 'contrarium est omnino ecclesiasticis regulis post poenitentiae actionem redire ad militiam saecularem'; ferner Conc. Arelat. II. a. 442-506 c. 25: 'Hi qui post sanctam religionis professionem apostatant et ad saeculum redeunt' etc.; Conc. Turon. I. a. 461 c. 8: 'Si quis . . post acceptam poenitentiam sicut canis ad vomitum suum, ita ad saeculares illecebras . . . fuerit reversus' etc.

2, 91a = Theodori Poen. II, 12 § 32, ed. Wass. p. 216 etc.6; vgl. oben 2, 557. Rubrik von Benedikt.




1) Vgl. Wasserschleben, Bussordnungen S. 37.    
2) Und mit 7jähriger Busse. Statt 'et' hat die Vorlage 'vel'; dass dieses 'vel' alternativ gemeint ist, zeigt die Vergleichung mit dem vorangehenden § 4 Poen. Theodori I, 4.    
3) Hinschius, Kirchenrecht V 1, 40 f. Vgl. Poenitentiale Valicellanum c. 5, ed. Schmitz (I) S. 351.    
4) Auch dies wird eine im Sinne des Originals liegende Erläuterung sein.    
5) Gleich Halitgar 3, 7 (ed. Schmitz II, 276) und gleich der Relatio episcoporum Compendiensis über die Busse Ludwigs d. Fr. 833 (MG. Capit. II, 55, lin. 30).    
6) Nicht Poen. Martenianum c. 41, wegen der Lesarten.
7) In 2, 91a bleibt Benedikt textlich der Vorlage näher als in 2, 55; einzige Abweichung von der Vorlage in 2, 91a: 'si poterit' statt 'si quis poterit'.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 349]

Eine Variante, wie schon in Note 7 bemerkt ist. - 2, 91b 'eo quod iuxta apostolum non potuit illi reddere vir suus debitum': Interpolation Benedikts; vgl. 1. Cor. 7, 3: 'uxori vir debitum reddat'.

2, 92 = Theodori Poen. II, 12 § 33, ed. Wass. p. 216 etc. Rubrik von Benedikt. Hinter 'viro' streicht Benedikt die in der echten Vorlage offengelassene Ausnahme: 'nisi illa omnino resistat'. Also darf der Gewalthaber die Verlobte unter keinen Umständen (vor Auflösung des Verlöbnisses) einem anderen Manne geben.

2, 93 cf. Theodori Poen. II, 4 § 11, ed. Wass. p. 206. Rubrik von Benedikt. Text kräftig interpoliert: a) hinter 'osculum eis dare' fügt Ben. hinzu: 'vel Ave eis dicere'; das Grussverbot stammt1 aus 2. Joh. 10 ('nec Ave ei dixeritis'); b) hinter 'Quanto magis' schaltet Ben. ein: 'cum excommunicatis ab episcopo aut cum'; das allgemeine Verbot, Exkommunizierte2 zu grüssen, ist eine Erfindung Benedikts3, falls er nicht auch hier4 aus der Exkommunikationsliturgie5 geschöpft hat.

2, 94 = Theodori Poen. II, 2 § 13, ed. Wass. p. 203. Rubrik von Benedikt. Im Text zwei gleichgiltige Varianten. Auf das Schlusswort 'baptizav(er)it' folgt bei Theodor noch 'baptizentur' oder (in einigen Hss.) 'rebaptizentur'; Benedikt hatte vielleicht letztere Lesart vor sich, und er hätte dann das Wort gestrichen, um nicht selbst den Einwand der unzulässigen Wiedertaufe zu provozieren.

2, 95 = Theodori Poen. II, 13 § 5, ed. Wass. p. 217; vgl. auch den Text der ed. Schmitz II, 579. Rubrik von Benedikt. Varianten im Text unbedeutend.

Seiner Gewohnheit, die Vorlagen in deren Ordnung wiederzugeben oder auszuziehen, ist Benedikt in unserer Reihe untreu geworden (bei 2, 93. 94). Eine umstellende




1) Wenn man durchaus an eine geschriebene Quelle denken will. Vgl. Regino 2, 412 (unten N. 5).    
2) Auf diese kommt es Ben. in erster Linie an, wie die Interpolation beweist. Im Original steht nur das Verbot der Tisch- und Kussgemeinschaft mit Katechumenen und Heiden. Ein Verbot, letztere beiden zu grüssen, ist mir aus echten Quellen nicht bekannt.    
3) Uebernommen von Pseudoisidor, epist. Calixt. 10 (ed. Hinschius p. 138). Einen Vorgänger hat Ben. an dem Conc. Vernense 755 c. 9 (MG. Capit. I, 35), wo aber nur bezüglich zweier bestimmter Kategorien von Exkommunizierten das 'salutare' verboten wird.    
4) Vgl. oben zu 2, 88 litt. g.    
5) Vgl. Regino 2, 412 i. f. (Wass. p. 371). 416 (p. 375).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 350]

Bearbeitung Theodors, die Ben. als Zwischenquelle gedient haben könnte, ist nicht bekannt1.

*  *  *

2, 96: Quelle unbekannt. Schwerlich echtes Capitulare, vielmehr vermutlich Fälschung Benedikts und zwar, wie gewöhnlich, mit mosaikartiger Heranziehung echter Quellen. Wenn Knust2 auf das III. Konzil von Orléans 538 c. 19 (16)3, auf die Gesetze der Westgothen III, 3, (1-12)4 und auf das Konzil von Meaux 845 c. 64-685 verweist, so ist er auf falscher Fährte. Eine gewisse Verwandtschaft zeigt Ben. 2, 96 mit Ben. 3, 395, und auch hier zieht Kunst6 Texte heran, denen die Eigenschaft von Quellen Benedikts, mangels wörtlicher Uebereinstimmungen, nicht beigemessen werden darf; die Texte sind wiederum die Synode von Meaux 845 c. 64. 655, ferner das Concilium Vernense 844 c. 67 und Brev. C. Theod. 9, 19, 1 interpr.8.




1) Von einer Benutzung der Parallelsammlungen (Capitula Dacheriana, Wass. p. 152 ff.; Canones Gregorii, Wass. p. 170 ff.; Beda, Wass. p. 224; Martenianum, Wass. p. 291 ff.; Cummeanus, Wass. p. 468 ff.) kann aus verschiedenen Gründen keine Rede sein.    
2) Knust, MG. LL. II b, 22. Freisen, Gesch. des can. Eherechts S. 605 behandelt unser Kapitel, weist aber keine Quelle nach.    
3) MG. Conc. I, 79. Nicht einmal der Mittelsatz liefert eine richtige Parallele; er lautet (die bei Benedikt wiederkehrenden Worte gesperrt): 'Quod si, quae (nämlich: virgo consecrata vel devota!) rapta diectur, cum raptore habitare consenserit, et ipsa excommunicatione simili feriatur'.    
4) MG. Leges Visig. p. 139-146. Zufall sind die paar Anklänge im Tatbestand III, 3, 1: 'Si quis ingenuus rapuerit virginem vel viduam'; III, 3, 5: 'Si alienam sponsam quicumque rapuerit'. Ebensogut hätte Knust auf den Satz der Bussbücher verweisen können: 'Si quis virginem aut viduam rapuerit, III annos peniteat in pane et aqua'; vgl. Poenit. Merseburg. a c. 35 (Wass. p. 395), Parisiense c. 29 (Wass. p. 415), Poenit. XXXV capitulorum 8, 1 (Wass. p. 510; Schmitz II, 224); Poenit. Pseudo-Romanum 2, 14 (Wass. p. 366) = Halitgar 6, 19 (Schmitz II, 295); Poenit. Sangall. tripart. 1, 10 (Schmitz II, 180) u. s. w.
5) MG. Capit. II, 413 sq. Die Worte, an die Benedikts Text anklingt, etwa: 'raptores virginum et viduarum, postea voluntate parentum eas quasi desponsantes sub dotalicii nomine, publica poenitentia' in c. 64 Conc.; '(necdum) eas (quas) rapuerant cum voluntate parentum sub praefato desponsionis vel dotalicii nomine, publica poenitentia, raptae parentibus legaliter restituantur' in c. 65 Conc.; 'rapere virgines vel viduas, ipsi et complices eorum anathematizentur' (nach Gregor II., nicht nach Conc. Chalced.) in c. 66 Conc.; 'virgines vel viduas rapere, publica penitentia' in c. 67 Conc.; 'qui sponsas alienas rapiunt vel consensu parentum accipiunt, publica penitentia' in c. 68 Conc. - sind wenig charakteristisch; der Sinn weicht erheblich ab.    
6) MG. LL. II b, p. 28.    
7) MG. Capit. II, 384 sq.    
8) Lex Rom. Visig. ed. Haenel p. 192 ('C. Th. 9, 15, 1 interpr.' falsches Zitat bei Knust): 'Si cum parentibus puellae nihil quisquam ante definiat, ut eam suo debeat coniugio sociare, et eam




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 351]

- Ich möchte vielmehr glauben, dass Benedikt bei Zusammenschweissung des Kapitels zwei Kapitularien vor Augen hatte. Einmal die Capitula legibus addenda 818. 819 (c. 4 und) c. 9:

Cap. leg. add. 818. 819.
Ben.
  4.1 De raptu viduarum. Qui
viduam intra primos triginta dies
viduitatis suae vel invitam vel
volentem sibi copulaverit, bannum
nostrum, id est sexaginta solidos,
in triplo conponat. Et si in-
vitam eam duxit, legem suam ei
conponat, illam2 vero ulterius
non adtingat2.
  9.3 De raptu alienarum spon-
sarum. Si quis sponsam alie-   Si quis alterius sponsam
nam rapuerit, (aut)4 patri (eius) virginem aut viduam5 . . . rapue-
aut (ei), qui legibus eius defensor rit . . ., placuit, ut . . ., sive cum
esse debet, cum sua lege (eam) parentum eius voluntate . . . ipsam
reddat et quicquid cum ea accipere vel tenere potuerit, num-
tulerit, semotim unamquam- quam illam uxorem habeat, sed
que rem secundum legem red- . . . proximis suis . . . reddatur.
dat. Et si hoc defensor eius per- Raptor vero sive fur omnesque eis
petrari consenserit et (ideo) raptori consentientes . . . proximis illius,
nihil quaerere voluerit, comes sin- quicquid iniuste . . . egerunt, in5
gulariter de unaquaque re freda triplo5 componant5 et unam-
nostra ab eo exactare faciat. quamque rem semotim le-
Sponso vero legem suam componat gibus in5 triplo5 restituant etc.
et insuper bannum nostrum, id est
sexaginta solidos, solvat, vel in
praesentiam nostram comes eum
advenire faciat, et quanto tempore
nobis placuerit, in exilio maneat et
illam feminam ei habere non
liceat.

Alleinigen Beweis, aber auch ausreichenden Beweis für die Benutzung der Capitula durch Benedikt scheinen mir die bezeichnenden Worte zu erbringen: 'unamquamque rem semotim leg(ibus) . . . re(stituant)', die sich, so wie sie lauten, nur in den Capitula finden. - Sodann das Capitulare ecclesiasticum 818. 819 c. 22-24:



vel invitam rapuerit vel volentem, si raptori puella consentiat, pariter puniantur'.    
1) MG. Capit. I, 281 = Anseg. 4, 16 (l. c. p. 438).
2) illam - adtingat] 'ille tamen, qui eam rapuit, habere non permittitur' codd. 13-15; bei Ansegis keine Abweichung vom oben abgedruckten Texte.    
3) MG. Capit. I, 282 = Anseg. 4, 21 (l. c. p. 439).    
4) Das Eingeklammerte fehlt in den codd. 7. 13-15; bei Ansegis kehrt wiederum der Vulgattext unverändert wieder.    
5) Vgl. etwa c. 4 der Capitula.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 352]



Cap. eccl. 818. 819.
Ben.
  22.1 De raptis vero et de   De raptoribus et raptis
raptoribus, quamquam specialiter virginibus vel viduis.
decrevissemus, quid pati debeant,
qui hoc nefas deinceps facere temp-
taverint, quid tamen super his
sacri canones praecipiant2,
hic inserendum necessarium duximus;
quatenus omnibus pateat, quantum
malum sit, et non solum humana,
sed etiam divina auctoritate con-
stricti, ut3 abhinc hoc malum
caveatur.
  24.4 De disponsatis puellis   Si quis alterius sponsam vir-
et ab aliis raptis ita in concilio ginem aut viduam necdum8 de-
Ancyrano . . . legitur . . . Proinde sponsatam8 rapuerit . . ., pla-
statutum est a sacro conventu, ut cuit, ut . . . numquam illam uxorem
raptor publica poenitentia habeat9, sed . . . proximis suis
multetur, raptae vero, si sponsus alio viro . . ., si ipsa in hoc
recipere noluerit et ipsa eidem malum10 non consenserit, nup-
crimini consentiens non fuit, tura . . . reddatur. Raptor vero
licentia nubendi alii non negetur; . . . omnesque eis consentientes11
quod si et ipsa consensit, simili publica poenitentia iuxta12
sententiae subiaceat. Quod si post canonicam12 auctoritatem12
haec se iungere praesumpserint, multentur . . . Ipsa namque,
uterque anathematizetur. quae rapitur, si . . . consenserit,

numquam postea nubat, sed pub-

lica poenitentia multetur . . .
  23.5 De puellis raptis nec-
dum desponsatis ita in con-
cilio Calcidonensi, ubi
DCXXX patres adfuerunt6,
capitulo XXVIII.7 habetur:
'Eos, qui rapiunt puellas sub
nomine simul habitandi, coope-
rantes et conhibentes rap-
toribus, decrevit sancta sinodus, si
quidem clerici sunt, decidant gradu
proprio; si vero laici, anathemati-
zentur'. Quibus verbis aperte datur   Et sacri13 canones13 . . . non
intellegi, qualiter huius mali auc- solum raptores, sed etiam omnes
tores damnandi sunt, quando par- eorum cooperatores eisque con-
ticipes et conhibentes tanto sentientes anathemate feriunt,
anathemate feriuntur, et quod sicut in Calcidonense con-
iuxta canonicam auctorita- cilio, in quo DCXXX patres




1) MG. Capit. I, 278 = Anseg. 1, 97 (l. c. p. 408).    
2) 'praecipiunt' Ans.    
3) 'ut' om. Ans.    
4) MG. Capit. I, 279 = Anseg. 1, 99 (l. c. p. 408); Varianten bei Ansegis unbedeutend.    
5) MG. Capit. I, 278 = Anseg. 1, 98 (1. c. p. 408).    
6) 'fuerunt' Ans.    
7) In der Kapitelzahl schwanken die Hss.; die richtige Ziffer wäre 27.    
8) Unten c. 23 Cap. eccl.    
9) Vgl. zur Sache, nicht zur Form c. 24 i. f., c. 23 i. f. Cap. eccl.    
10) Vgl. c. 22. 23 Cap. eccl.    
11) Vgl. c. 23.    
12) Vgl. c. 23 i. f.    
13) Vgl. c. 22 Cap. eccl.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 353]



Cap. eccl. 818. 819
Ben.
tem ad coniugia legitima raptas adfuerunt, capitulo XXVIII.
sibi iure vindicare nullatenus possunt. cunctis legentibus patet1.

Hier liegen die charakteristischen Uebereinstimmungen in dem 'publica poenitentia multare' und namentlich in dem letzten aus Benedikt abgedruckten Satze. - Mit den Worten: 'omnes cognoscant, quoniam nec seculi leges tam nefandis coniunctionibus consentiant nec sacri canones consilium ullum praebeant' bringt Benedikt wieder einmal sein System des Ius utrumque2 in empfehlende Erinnerung. Mit den 'seculi leges', die den Frauenräuber und seine Gehilfen 'capite feriri praecipiunt', kann Benedikt nur meinen das römische Recht3 und das von diesem beeinflusste Recht der Merowinger4. - Der Ausdruck 'virginem aut viduam furatus fuerit' mag aus den Decreta Gregorii II.5 c. 10 ('Si quis viduam furatus fuerit in uxorem'), c. 11 ('Si quis virginem, nisi desponsaverit, furatus fuerit in uxorem) herstammen.

*  *  *

2, 97: Quelle unbekannt. Das Kapitel handelt vom Raub und dessen weltlicher (2, 97a) und kirchlicher (2, 97b) Bestrafung, sowie vom Kirchenraub (2, 97c). Es deckt sich (bis auf geringe Abweichungen) mit Ben. 2, 383; 2, 97 ist rubriziert, nicht inskribiert; 2, 383 ist inskribiert, aber nicht rubriziert. Nach der Inskription vor 2, 383 soll das Stück entnommen sein 'Ex capitulis domni Ludowici Inghilenaim apostolica auctoritate et synodali sanctione omnium, videlicet clericorum ac laicorum6, generaliter consensu atque hortatu decretis'. Es ist aber wahrscheinlich7 eine Erfindung Benedikts8. Im Einzelnen ist zu bemerken:




1) Vgl. etwa c. 22 cit.    
2) Vgl. Seckel, Art. Pseudoisidor, in der Realencykl. f. prot. Theol. XVI, 302.    
3) Brev. C. Theod. 9, 19 (ed. Haenel p. 192); die hier nicht ausdrücklich normierte Todesstrafe hat Ben. ('capite feriri') aus Brev. C. Theod. 9, 20, 2 ('capitali sententia ferietur') entnommen. Vgl. Mommsen, Strafrecht S. 702.    
4) Brunner, DRG. II, 669 bei N. 27. 28.    
5) Dionysio-Hadriana ed. 1609 p. 611.
6) Ius utrumque!    
7) Nicht 'unzweifelhaft', wie Simson, Die Entstehung der pseudo-isidorischen Fälschungen in Le Mans S. 125 schreibt. Denn die Möglichkeit, dass wir es mit einem echten Capitulare zu tun haben, 1ässt sich nicht schlechthin ausschliessen.    
8) Auf Ben. 2, 383 geht zurück: Capitulare Carisiacense 857 Anhang c. 11 (MG. Cap. II, 291), und auf das genannte Capitulare: c. 1 des Abschnittes E der Capitula post conventum Confluentinum missis tradita 860 (l. c. p. 300). Vgl. auch Karolomanni Capitulare Vernense 884 c. 4 (l. c. p. 373).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 354]

2, 97a. Der Anfang 'Si quis infra regnum' deckt sich mit dem Anfang von Ben. 1, 341. 2, 382 'Si quis (in exercitu) infra regnum'. - Zu 'in triplo componere' vgl. die älteren von den Kapitularien, die MG. Capit. II, Index p. 598a s. v. 'componere' (in der Mitte) zitiert sind. - Bei der zweiten Hälfte von 2, 97a scheint Benedikt ein Capitulare wie z. B. c. 9 der Capitula legibus addenda 818. 8191 vorgeschwebt zu haben:

Cap. cit.
Ben.
  ... legem suam componat   ... legibus componat
et insuper bannum nostrum, et insuper bannum
id est sexaginta solidos, nostrum, id est sexa-
solvat, vel in praesentiam ginta solidos, nobis
nostram comes eum advenire persolvat2, postmodum
faciat, et quanto tempore vero ante nos a comite
nobis placuerit, in exilio adducatur, ut in bastonico3
maneat . . . retrusus, usque dum nobis

placuerit, poenas luat.

2, 97b. Zum Anfang (öffentliche Busse wegen öffentlich bekannt gewordener Verbrechen) vgl. Conc. Arelat. 813 c. 26 (MG. Conc. II, 253)4 und oben Ben. 1, 116. Der Apostelspruch am Ende steht 1. Cor. 6, 10.

2, 97c. Die Strafe der Infamie, die Benedikt hier auf den Kirchenraub setzt (vgl. unten 3, 261h), ist eine Neuerung des Fälschers; vgl. Hinschius, Kirchenrecht V 1, 41, N. 135. - Zu 'sacrilegium' und 'sacrilegus' vgl. aus Buch II die Kapitel 84. 370. 383. 392. 394. 395. 404. 405. 407. 429. 431.

*  *  *

2, 98: Quelle unbekannt. Entweder echtes Capitulare oder (wahrscheinlicher) Fälschung Benedikts. Die Satzung nimmt Bezug auf die 'statuta priorum capitulorum, quae legi Salicae sunt addita'; damit ist gemeint c. 1 des Capitulare legibus additum 8036 (= Ben. 1, 261 = 2, 291a), welches Capitulare in zahlreichen Hss. die




1) MG. Capit. I, 282.    
2) Die Worte: 'componat - persolvat' kehren unten 2, 98 wieder.    
3) Vgl. Du-Cange s. h. v. (unergiebig für die Quellenermittelung). - In den Kapitularien (s. MG. Capit. II, Index) kommt das Wort nicht vor.    
4) Abgesehen von einem unbrauchbaren Pseudoisidor-Zitat die einzige Stelle, auf die Knust l. c. zu Ben. 2, 97 verweist.    
5) Wo die Zitate Ben. 2, 361 und 3, 261 vertauscht sind.    
6) MG. Capit. I, 113; auf dasselbe Kapitel wird bei Ben. 1, 186 verwiesen, vgl. Studie VI (N. A. XXXI), S. 89.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 355]

Inskription führt: 'Capitula, quae in lege Salica mittenda sunt' (oder ähnlich)1. Benedikts Referat aus dem Capitulare gibt das Original richtig wieder, soweit Ben. von der Ermordung der Kleriker und Mönche redet; dagegen existiert die Norm über Bussfälligkeit wegen Verstümmelung2 nicht in der Vorlage, sondern nur in der Phantasie Benedikts. - Die Worte 'et insuper bannum' bis 'persolvat' stehen wörtlich ebenso im vorangehenden Kapitel Benedikts (2, 97a). - Die Worte 'arma relinquat (atque) . . . Deo serviat' decken sich mit einer echten Bestimmung in 2, 90 (= Theodori Poen. I, 4 § 5); die Erläuterungen 'in monasterio' und 'diebus vitae suae'3 sind unserem Stück und den Interpolationen in 2, 90 cit. wörtlich gemeinsam; einigermassen kongruent sind die Phrasen 'nusquam postmodum seculo vel secularibus militaturus' (2, 98) und 'nunquam ad seculum reversurus' (2, 90 cit., interpoliert). - Der Schluss: 'neque uxori copulaturus' entspricht sachlich dem geltenden Recht, wonach Büsser sich des Umgangs mit der Ehefrau zu enthalten haben4; in der Wahl der Worte scheint Benedikt selbständig zu sein. - Zu dem Schluss der Strafsanktion vgl. auch oben 2, 71.5

*  *  *

2, 99: Quelle unbekannt6; ziemlich sicher Fälschung Benedikts, schon wegen des horrenden Inhalts, wonach Entehrung des Bischofs mit 'de vita componere', Einziehung des Vermögens zugunsten der Bischofskirche und mit dreifachem Königsbann7 geahndet, eventuell exekutive Schuldknechtschaft8 verhängt wird9. - Den Anfangsworten: 'Si




1) MG, l. c. p. 111 sq.    
2) 'Si quis sacerdotem vel levitam aut monachum . . . debilitaverit'.    
3) Woher 'sub ardua poenitentia' stammt, vermag ich nicht zu sagen.    
4) Vgl. Hinschius, Kirchenrecht IV, 722, N. 10; V 1, 97, N. 5; Freisen a. a. O. S. 561-571; Schmitz, Bussbücher II, 171; s. ferner Poen. Merseburg. a c. 135 (= Vindob. a c. 94; Wass. p. 404. 421).    
5) Bemerkenswert ist auch die sachliche Uebereinstimmung unseres Kapitels mit c. 24 Conc. Mogunt. 847 (MG. Capit. II, 182): 'Qui presbiterum occidit . . . usque ad ultimum vitae tempus miliciae cingulum deponat et uxorem amittat'.    
6) Benutzungen nicht häufig. Vielleicht spielt König Karl II. 860 auf unser Kapitel an (MG. Capit. II, 801 l. 5). Regino App. I. 27 scheint der einzige Kanonensammler zu sein, der das eigenartige Stück wiederholt hat.    
7) Vgl. unten S. 363, N. 2 zu 2, 116.    
8) Nicht die unfränkische Verknechtung.    
9) Nach römischem Recht wird der Angriff auf den Bischof mit dem Tode nur dann bestraft, wenn er durch Begehung in der Kirche qualifiziert ist: C. Th. 16, 2, 31 (a. 398) = Ben. 2, 115; dazu Ep. Paris. (ed. Haenel p. 248). Vgl. auch unten 2, 129, wo dieselbe Qualifikation gefordert, die Strafe aber zu lebenslänglicher Verbannung gemildert ist.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 356]

quis episcopo . . . iniuriam . . . fecerit' kann die Summa De ordine ecclesiastico c. 8 (unten 2, 129) zum Grunde liegen. Die Phrase: 'ecclesia in sacerdotibus constat' ist entlehnt aus dem Schluss der constitutio Theodosii II. et Valentiniani III. ad Albinum a. 4301. - Der Satz 'nam detractio sacerdotum ad Christum pertinet, cuius vice legatione in ecclesia funguntur' ist gebildet mit Hilfe von Conc. Aquisgran. 836 Cap. III, Praefatio capitulorum de honore episcopali i. f. (MG. Conc. II, 718 l. 32)2 und von 2. Cor. 5, 203.

2, 100-102 aus der Summa De ordine ecclesiastico4.

Zu den 3 Kapiteln sind von der Summa nur die Rubriken erhalten5; der Text der Vorlage ist verloren, lässt sich aber aus Benedikt grösstenteils rekonstruieren.

2, 100 = Summa c. 44; Vorlage der Summa: Iuliani Epitome Novell. 115, 67 (493), ed. Haenel p. 162 sq.; Parallelbenutzungen oben 1, 3856 und unten Add. III. 81. Die Rubrik von 2, 100 zum Teil (bis 'decepta') aus der Summa, zum Teil ('id est' bis 'professa') von Benedikt. Der Text der Summa ist in 2, 100 stark interpoliert, wie die Uebereinstimmung von 1, 385, Add. III. und Iul. Beweist. Die zwei Sätze: 'Si vero liberos habet, pars legitima eis reservetur. Quod si intra annum post cognitum tale scelus a religiosis locis ('laicis' Add.) non vindicetur, comes privatarum ('loci illius' 1, 385) haec ('hoc' Add.) nostro fisco addicat' - sind in 2, 100 gestrichen; dies bedeutet eine gründliche Entsäkularisierung der Vorlage, sofern das Vermögen den Kindern und dem Fiskus entzogen und allein dem Kloster zugewiesen wird. Aus dem 'praeses provinciae' (Add. Iul.; 'comes prov.' 1, 385) ist ein 'comes ipsius pagi' geworden; der Gaugraf hat nicht, wie in der Vorlage, allein einzuschreiten, sondern 'una cum consilio sui episcopi, in cuius parrochia tale scelus commissum est'. Versäumt der Beamte seine Pflicht, so verliert er nicht nur sein Amt (so die Vorlage), sondern verfällt er auch in öffentliche Zwangsbusse ('atque publica




1) ed. Haenel, Corpus legum p. 241b; dies haben schon Baluze und Knust in den Noten zu unserem Kapitel bemerkt.    
2) Vgl. Studie VI (N. A. XXXI), S. 72 zu Ben. 1, 40b; S. 109 zu Ben. 1, 322b (litt. e).    
3) Vgl. a. a. O. S. 109 zu Ben. 1, 322b (litt. f).    
4) Vgl. a. a. O. S. 125, N. 2.    
5) Vgl. Conrat, N. A. XXIV, 344.    
6) Dazu Studie VI (N. A. XXXI), S. 127.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 357]

poenitentia multetur'1); er hat nicht 5 (so Add. Iul.) oder 2 (So 1, 385) Pfund Gold2, sondern sein Wergeld3 dem Fiskus zu entrichten. - Weniger einschneidend sind andere Eingriffe in die Vorlage ('ditionibus' statt 'cautioni'; 'hoc vindicare' statt 'vindictam tali crimini imponere'; 'iuribus' statt 'viribus' und dgl.); aus 'cingulo careat' (Add. Iul.) macht schon 1, 385: 'honore careat', 2, 100 vollends: 'honore careat et cingulum amittat'.

2, 101 cf. Summa c. 48; Vorlage der Summa: Iul. Ep. 71, 1 (257), ed. Haenel p. 95; vgl. unten Add. III. 84. Rubrik aus der Summa (Ben.: 'Deum' statt 'Deo'). Vom Text ist nur der Tatbestand: 'Si' bis 'iactaverit' aus der Vorlage entlehnt; die ganze Sanktion ist (anders als in der Additio tertia) eigenes Machwerk des Benedictus. Zu den Lappen, aus denen es geschickt zusammengeflickt ist, wäre etwa Folgendes zu bemerken:

a) 'comite pagi ipsius': vgl. die Interpolation in 2, 100;

b) 'carceri usque ad satisfactionem tradatur': vgl. Pippini Capitulare 754-755 c. 1: 'mittatur in carcere usque ad satisfactionem';

c) 'publica poenitentia multetur': vgl. die Interpolation in 2, 100 und oben 2, 96 (Cap. eccl. 818. 819 c. 24);

d) 'donec precibus proprii episcopi publice reconcilietur ecclesiaeque gremio canonice reddatur': vgl. oben 2, 88 'quousque . . . reconciliatione proprii episcopi . . . praecibus . . . ecclesiaeque gremio . . . canonice reddatur' (dazu oben S. 346 litt. g, S. 347 litt. β. γ).

2, 102 = Summa c. 41; Vorlage der Summa: Iul. Ep. 52, 1 (194), ed. Haenel p. 78; vgl. oben 1, 383 und unten Add. III. 75. Rubrik aus der Summa, an einer Stelle leicht geändert. Text, abgesehen von Nebensächlichem, mehrfach interpoliert:

a) 'nec agere cuiquam permittat', eingeschoben hinter dem Verbote, selbst in der Privatkapelle Messen zu feiern;

b) 'vel dedicatione', eingeschoben, um dem Messelesen am ungeweihten Orte entgegenzutreten (vgl. auch 2, 201. 208. 3, 431);

c) 'comes vero', hat die echten Worte 'praefectus praetorii' ('-rio' Iul.) Add. Iul. verdrängt;




1) Zu 'multetur' vgl. oben S. 352 f. (bei 2, 96); unten 2, 101. 102.
2) 5 Pfund Gold = 1200 solidi; 2 Pfund Gold = 480 solidi.    
3) Das Wergeld des Grafen beträgt 600 solidi = 30 Pfund Silber = 21/2 Pfund Gold.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 358]

d) 'publica poenitentia multetur vel honore privetur' - statt des echten 'libra auri multabitur'; wegen der beiden hier von Ben. gebrauchten Wendungen vgl. oben zu 2, 100.

*  *  *

2, 103 cf. Brev. Cod. Theod. 16, 2, 38 Epitome Parisiensis, ed. Haenel p. 248; vgl. unten 2, 112. (114. 388.) 391; (3, 477). Rubrik nicht im Original. Textverhältnisse1:

Epit. Paris.
Ben.
  Ut2 privilegia, quae eccle-   Ut privilegia, quae eccle-
siis et clericis lege3 con- siis et clericis ab4 ante-
cessa sunt, valeant3. cessoribus4 nostris4

vel nobis concessa sunt,

semper5 maneant4 in-

corrupta4.

*  *  *

2, 104a = Concil. Toletan. XI. 675 c. 5 in., Hispan. (Migne LXXXIV, 459 sq.) = Hispana Augustodunensis fol. 101b (wo das Wort 'motionum' wie bei Ben. fehlt); vgl. unten 2, 357. 3, 156. Rubrik nicht die des Originals. Im Text die Wortfassung nur wenig geändert ('turbetur' statt 'perturbari debet'; 'aliqua' statt 'levi'); am Schluss von Benedikt hinzugefügt: 'aut inique tractentur'.

2, 104b: drei Bibelstellen, 1) Zach. 2, 18 i. f.; 2) Luc. 10, 16 in.; 3) Matth. 18, 6; zu den Worten 'melius est illi' vgl. Luc. 17, 2 in.

2, 105. 106 aus Karoli M. Capitulare primum 7696.

Rubriken von Benedikt.

2, 105 wörtlich = Cap. c. 9; vgl. unten 3, 131.

2, 106a wörtlich = Cap. c. 10 in.; vgl. unten 3, 132a.

2, 106b = Cap. c. 10 fin.; vgl. unten 3, 132b. Benedikt streicht hier (anders 3, 132) die letzte Oelung (vv. 'sacrati olei unctione et' vor 'reconciliatione').




1) Vgl. Studie VI (N. A. XXXI), S. 113 f.    
2) Fehlt im Cod. Theod. (16, 2, 38).    
3) 'lege - valeant'] 'legum decrevit auctoritas, hac quoque praeceptione sancta et inviolata permanere decernimus' C. Th.
4) Vgl. Cod. Theod. 16, 2, 29 in.: 'Quaecumque a parentibus nostris . . . sunt statuta . ., manere inviolata adque incorrupta circa sacrosanctas ecclesias praecipimus' (= Ben. 3, 477).    
5) Vgl. 2, 112. 3, 421a und die Rubriken zu 2, 114. 3, 477.    
6) MG. Capit. I, 45 sq.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 359]

2, 106c cf. Cap. c. 11; vgl. unten 3, 132 c. 3, 135; auch 2, 186. Textverhältnisse:

Cap.
Ben.
  Ut ieiunium quatuor tem-   Et ut quatuor temporum
porum et ipsi sacerdotes ob- ieiunia a fidelibus di-
servent et plebi denuntient ligenter custodian-
observandum. tur.

*  *  *

2, 107 = Pseudo-Nicaenisches Bischofsschreiben nach Rom1, in Wahrheit wohl Kanon einer gallischen Synode des 7. oder 8. Jh.2, enthalten in den Canonum Collectiones codicum [Pithoeani3], Burgundici4, Sangermanensis5, ed. Maassen, Bibliotheca Lat. iur. can. manuscripta I, 3-6 (Wiener SB. LVI, 1867) S. 1946, ed. Nürnberger, Ueber eine ungedruckte Kanonensammlung aus dem 8. Jh. (S. A. aus dem 25. Bericht der wissenschaftlichen Gesellschaft Philomathie zu Neisse), 1890, S. 18 f.7. Eine Rubrik hat nur die Coll. Sangerman., wo sie aber anders als bei Ben. lautet: 'Qualiter episcopus iudices commoneat'8. Der Text




1) Ueberlieferung: Ohne Inskription (und ohne Rubrik), mit dem Einleitungssatze 'Omnino inter nos pariter uno ore consinsimus' steht das Schreiben in der Collectio Burgundica (N. 4). Der Zusammenhang, in dem sich das Stück hier (und vermutlich in der jetzt verstümmelten Collectio Pithoeana [N. 3]) befindet, belehrt uns darüber, wie die (nachher in dieser Note mitzuteilende) Inskription der Collectio Sangermanensis (N. 5) zu Stande gekommen ist. Vor dem Schreiben stehen nämlich in der Collectio Burgundica (und vermutlich schon in der Coll. Pithoeana) die Canones Nicaeni nebst Symbolum und, durch fortlaufende Bezifferung mit ihnen verbunden, die Canones Sardicenses; letztere sind folgendermassen subskribiert: 'Expliciunt canones CCCXVIII patrum Niceni transscripti in urbe Roma de exemplaribus sancti Innocenti episcopi. Amen', s. Maassen, Bibliotheca (unten im Text angeführt) S. 193; vgl. zu der Schlussklausel Maassen, Geschichte der Quellen I, 28. 57 f. - Mit Inskription (und mit Rubrik), aber ohne den Einleitungssatz kehrt unser Stück in der systematischen Collectio Sangermanensis (N. 5-7) wieder; die Inskription lautet hier: 'In epistola, quem (!) CCCXVIII episcopi Niceni transscripserunt ('-rint' Nürnberger) in urbe Romana cap. I.'.    
2) Vgl. mutatis mutandis Studie VI, Nachtrag (N. A. XXXI), S. 238, N. 2.    
3) Vgl. Studie VI, a. a. O. S. 238, N. 3 Anfang; im cod. Pithoeanus ist der Anfang der Sammlung verloren gegangen, s. Maassen, Geschichte I, 604.    
4) Vgl. Studie VI, a. a. O. S. 238, N. 4 Anfang.    
5) Vgl. Studie VI, a, a. O. S. 238, N. 5 Anfang.    
6) Aus der Collectio Burgundica; in den Noten die Varianten der Sangermanensis fol. 14b. Die Inskription der letzteren Sammlung auch bei Maassen, Geschichte I, 839.    
7) Aus der Coll. Sangerman. I c. 56.    
8) ed. Maassen, Bibliotheca l. c. p. 194, N. 2; derselbe, Geschichte I, 839; Nürnberger p. 18.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 360]

Benedikts, der dem cod. Burgundicus (und, wie man vermuten darf, dem cod. Pithoeanus) näher steht als dem Sangerman.1, weicht von der Vorlage meist lediglich formell ab: 'quicumque' statt 'quanticumque'; 'miserrimi' statt 'miseri in'; 'commonentem' statt 'commonitus' und dgl. Den Einleitungssatz der Vorlage 'Omnino - consinsimus' (S. 359, N. 1) hat Ben. gestrichen; andererseits hat er den echten Text um 5 Wörter bereichert, indem er hinter dem zweiten 'domini nostri' einschiebt: 'Iesu Christi', vor 'propter': 'et', und indem er, was allein eine sachliche Aenderung bedeutet, 'ac pentecosten' zu den zwei hohen Festtagen des echten Kanon (Weihnachten und Ostern) hinzufügt.

2, 108-110 aus der Summa De ordine ecclesiastico2.

In der Hs. der Summa3 sind zu allen 3 Kapiteln die Rubriken erhalten; dagegen ist der Text des ersten und letzten der 3 Kapitel verloren.

2, 108 = Summa c. 35; Vorlage der Summa: Iuliani Epitome Novell. 4, 5. 7. 8 (16. 18. 19), ed. Haenel p. 27 sq.; Dubletten oben 1, 379, unten Add. III. 62. Rubrik aus der Summa. Text an zwei Stellen interpoliert: 'fisci' verdrängt das echte 'praesidis', und am Schlusse ist beigefügt: 'sine abbatis sui et episcopi proprii licentia'4.

2, 109 = Summa c. 29 (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillippicus 1735, f. 159a. 164b); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 119, 5 (510), ed. Haenel, p. 166; bei Benedikt keine Parallele. Einzige Variante 'constitutionem' statt 'constructionem'; letztere Lesart der Summa folgt dem Vulgattexte Julians ('constructiones').

2, 110 = Summa c. 33; Vorlage der Summa: Iul. Ep. 70, 1 (256), vgl. vielleicht noch Iul. Ep. 4, 5 (16) i. f., ed. Haenel p. 94 sq. 27. Rubrik aus der Summa. Wieweit Benedikt wortgetreu den Text seiner Vorlage wiedergibt, lässt sich nicht feststellen, da der Text der Vorlage fehlt und uns bei Ben. keine Parallelüberlieferung zu Hülfe kommt.




1) 'qui est' (hinter dem Anfangswort 'Episcopus') Sangerm., fehlt Burg. und Ben.; 'in' Sang., 'miseri in' Burg., 'miserrimi' Ben.; 'tenentur' Sang., 'detinentur' Burg., Ben.; 'ipsi' Burg., Ben., om. Sang.; u. dgl.
2) Vgl. oben S. 356, N. 4.    
3) Von mir selbst eingesehen.    
4) Vgl. oben S. 343, N. 5 zu 2, 84 rubr.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 361]

2, 111-117 aus dem Breviarium auctum Cod. Theod. lib. XVI. (zum Teil aus der Epitome Paris.).

Rubriken durchweg nicht in der Vorlage.

2, 111 = Cod. Theod. 16, 2, 47, ed. Mommsen p. 852; vgl. unten zum ganzen Kapitel 2, 390, zum Anfang 3, 421b, zum Schluss 3, 422b. Auf den Anfang des Textes scheint die Epitome Parisiensis1 Cod. Theod. 16, 2, 29, ed. Haenel p. 248 (= Ben. 2, 114), neben der genannten Stelle des unverkürzten Theodosianus, Einfluss gewonnen zu haben:

C. Th.
Ep. Paris.
Ben.
  Privilegia ec-   Quaecumque   Quaecumque a
clesiarum om- circum sacro- singulis regi-
nium, quae saeculo sanctas eccle- bus5 circa sacro-
nostro tyrannus in- sias a principi- sanctas ecclesias6
viderat, prona de- bus diversis sunt sunt constituta vel
votione revocamus, statuta, manere in . . .
scilicet ut quae- violata praecipit.
que2 a divis prin-

cipibus3 consti-

tuta sunt4vel

quae . . .


Im Uebrigen schliesst sich Benedictus ziemlich getreu der echten Kaiserkonstitution an; die Varianten 'impetraverunt' statt 'impetrarunt'7, 'solida' statt 'solidata', 'clerici . . . reserventur' statt 'clericos . . . reservamus' besagen nichts. Die seinen Zeitgenossen ausserhalb des ursprünglichen Zusammenhangs unverständlichen Worte der lex: 'quos indiscretim ad saeculares iudices debere deduci infaustus praesumptor edixerat' änderte Benedictus zu: 'non secularibus iudicibus sed'.

2, 112 cf. Cod. Theod. 16, 2, 38 Epitome Parisiensis, ed. Haenel p. 248; vgl. oben 2, 103, unten 2, 391. Text interpoliert, am Schlusse ebenso wie oben 2, 103 (und ähnlich wie unten 2, 391), in der Mitte8 anders als oben




1) Oder C. Th. 16, 2, 29 (oben S. 358, N. 4, zu Ben. 2, 103) selbst?    
2) So die Hss. YD; 'quidquid' die Hss. VE und die Const. Sirm. 6.    
3) 'a divis principibus' ist unverändert stehen geblieben in Ben. 2, 390.    
4) 'constituta sunt' YD; 'constitutum est' VE.    
5) 'a singulis regibus' - vgl. dieselbe Interpolation im folgenden Kapitel Benedikts (2, 112).    
6) 'circa sacrosanctas ecclesias' - von dieser Interpolation (aus Epit. Paris.) ist Ben. 2, 390 noch frei.    
7) So YD Sirm. und unten 2, 390; 'inpetrarant' VE.    
8) Wo sich 2, 391 genau an die Epitome Paris. hält.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 362]

2, 103 ('a singulis regibus vel episcopis ceterisque rectoribus'1 statt wie oben 'ab antecessoribus nostris vel nobis').

2, 113 aus Cod. Theod. 16, 2, 23, ed. Mommsen p. 842 (= Brev. C. Th. 16, 1, 3, ed. Haenel p. 246); vgl. unten 2, 381w. Im Text hat Ben. aus 'si qua sunt' der Vorlage sein 'Quaecumque sunt' gemacht. Obgleich er im Uebrigen buchstäblich kopiert, hat er durch sein Exzerpieren den Sinn des echten Textes in bekannter2 staatsfeindlicher Tendenz (Ausschliessung der weltlichen Gerichtsbarkeit über Kleriker; Beseitigung der 'peregrina iudicia') umgefälscht.

2, 114 = Cod. Theod. 16, 2, 29 Original3, ed. Mommsen p. 844, und Epitome Parisiensis, ed. Haenel p. 248; vgl. unten 2, 388 (wörtlich mit 2, 114 übereinstimmend).

C. Th.
Ep. Paris.
Ben.
  Quaecumque a   Quaecumque cir-   Quaecumque cir-
parentibus nostris cum sacrosanctas ca5 sacrosanctas
diversis sunt sta- ecclesias a princi- ecclesias6 a prin-
tuta temporibus, pibus diversis sunt cipibus7 diversis
manere inviolata statuta, manere in- sunt statuta8, ma-
adque incorrup- violata praecipit. nere inviolata7 prae-
ta4 circa sacro-
cipimus5.
sanctas ecclesias

praecipimus. ni-

hil igitur a pri-

vilegiis4 immu-

tetur . . .

2,115 aus Cod. Theod. 16, 2, 31, ed. Mommsen p. 845 lin. 1-4. 6? 13-21; vgl. unten 2, 406. In den Lesarten folgt Benedikt den Hss. YD, während Sirm.9 bezw. cod. O mehrfach abweichen ('ipso' YD [VE], 'ipsi' Sirm. O.; 'vindicandum' YD [EO], '-dam' V Sirm.; 'soli' YD [VE], 'solam'




1) Ueber die Tendenz dieser Interpolation vgl. Seckel, Art. Pseudoisidor S. 302, 20 ff.    
2) Vgl. Seckel, Art. Pseudoisidor S. 281 Zeile 35, S. 282 litt. f. S. 301 litt. f.    
3) Für dessen Benutzung spricht ausser 2 Lesarten (N. 5) die Reihenfolge (vgl. unten am Schluss der Reihe), sowie der Einfluss auf Benedikts Rubrik (N. 4).    
4) Vgl. die Rubrik unseres Kapitels bei Ben.: 'Ut privilegia ecclesiarum semper maneant incorrupta'.    
5) Lesart des Originals.    
6) Wortumstellung wie in der Epitome.    
7) Lesart der Epitome.    
8) 'temporibus' wie in der Epitome (missverständlich) gestrichen.    
9) Zufall ist es, wenn Ben. in der Lesart 'derelinquit' (statt 'dereliquit') gegen alle Hss. des Breviarium ex C. Th. auctum mit Sirm. übereinstimmt.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 363]

Sirm. O; 'etiam' YD Sirm., 'et' [VE] O). An der Vorlage hat Ben. teils harmlose, teils tendenziöse Aenderungen vorgenommen; nichts hat es auf sich, wenn Ben. schreibt: 'quod non oportet iniuriae inferat' statt 'inportet (so auch unten 2, 406) iniuriae . . . [deferatur]', wenn er das Wort 'capitali' umstellt, wenn er endlich (da die Exzerpierung einen Subjektwechsel zur Folge hat) 'expectet' in 'exspectetur' vewandelt; dagegen fälscht er die Vorlage, indem er den Kirchenraub1 als todeswürdiges Verbrechen in den Originaltext einschmuggelt.

2, 116 Anfang = Cod. Theod. 16, 2, 34 in., ed. Mommsen p. 846; vgl. unten 2, 389 (welches Kapitel auch im Schlusse derVorlage folgt). Im Text eine gleichgiltige Variante. - Der Schluss: (commissum) 'hoc in triplo iuxta legum sanctionem ecclesiae, cui factum est, conponatur nobisque bannus noster in triplo, hoc est ter sexaginta solidi persolvantur' hat die - natürlich rein fiskalische - Strafe von 5 Pfund Gold, die im Original verhängt ist, verdrängt, um im Kapitularienstil zu bleiben2 und um für die Kirche einen finanziellen Vorteil herauszuschlagen.

2, 117 aus Cod. Theod. 16, 2, 40, ed. Mommsen p. 849 lin. 3-6. 12-14; vgl. oben 1, 339 (bearbeitet) und unten 2, 385. Im Text die Anfangsworte geändert ('Ab omnibus' [= 2, 385] statt 'prima quippe'); sinnlose Lesart 'sibi' (= 2, 385) statt 'usibus'3: Interpolation von 'quibusdam irruentibus'4 statt 'sordidorum munerum faece (fasce)'; im Schlusssatz 'Quod si quis praesumpserit' (= 2, 385) statt 'Si quis contra venerit'; 'damnetur' statt 'uratur' ('uretur' unten 2, 385). - Die Kapitel 2, 117 und 2, 385 gehen beide nicht direkt auf das Original zurück, sondern, wie die übereinstimmenden Abweichungen vom Original beweisen, auf eine gemeinsame Zwischenquelle (Konzept Benedikts?); 2, 117 ist nicht Quelle für 2, 385 und umgekehrt, wie daraus erhellt, dass bald 2, 1175, bald 2, 3856 dem echten Wortlaut näher steht.




1) Aus 'ecclesias catholicas' (lin. 2) macht Ben.: 'ecclesias earumque res'. Vgl. Rubrik: 'Quod sacrilegium sit ecclesiae aliquid auferre' etc.
2) Zum dreifachen Königsbann vgl. oben 2, 99 und etwa Capitula legibus addenda c. 4 (MG. Capit. I, 281): 'bannum nostrum, id est sexaginta solidos, in triplo conponat'; zu 'in triplo componere' vgl. MG. Capit. II, Index s. v. 'componere, compositio'.    
3) Was gegen direkte Benutzung der richtig schreibenden codd. YD spricht; die Lesart 'sibi' bietet überhaupt keine der erhaltenen Hss. des Breviarium auctum.    
4) Unten 2, 385: 'a qu. irr.'. Das Wort 'irruere' aus 2, 115 (C. Th. 16, 2, 31).
5) 'secretorum' statt 2, 385: 'sacrorum'; 'perpetuae' statt 'publicae'.
6) 'uretur' statt 2, 117: 'damnetur'.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 364]

Die Kapitel 2, 113-117 bilden eine Reihe, und zwar gemessen nicht sowohl am echten Codex Theodosianus, als vielmehr am Breviarium auctum, wie es insbesondere in den Hss. Y (= Berol. Phillip. 1741, früher in Reims) und D (= Paris. Sangerm. 12445) vorliegt1. Von der letzten an die erste Stelle vorgerückt2 ist 2, 111; dahinter eingeschoben das einzige lediglich aus der Epitome Par. schöpfende Stück.

2, 118-129 Mischreihe aus der Summa De ordine ecclesiastico3 und aus dem Concilium Toletanum XII. 6814, mit einer eingesprengten Fälschung.

Vorgelagert5 ist c. 3 der Summa; dahinter sind eingeschoben die Toletaner Stücke und die Fälschung; den Grundstock bilden c. 8. 14-19 der Summa in invertierter Ordnung. Von den in dieser Reihe benutzten Kapiteln der Summa sind nicht nur die Rubriken, sondern auch die Texte6 überliefert.

2, 118: vgl. Summa c. 3 in. (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158a. 160b); Vorlage der Summa: Iuliani Epitome Novell. 115, 6 (432) in., ed. Haenel p. 149; bei Benedikt keine Parallele. Schon die Rubrik7 hat Benedikt interpoliert, damit nicht nur die Bischofs-, sondern auch die Priesterweihe dem Knecht und dem Hörigen (adscripticius) die Freiheit verleihe. In demselben Sinne ist Satz 1 des Textes umgestaltet ('episcopos et reliquos Domini sacerdotes')8, welcher Satz noch einige andere, weniger einschneidende Abweichungen vom Original aufweist. Satz 2 des Textes ('Idcirco praecipimus, ut nullus ab eis alia nisi divina requirat servitia') scheint freie Erfindung Benedikts zu sein9; jedenfalls ist der Passus ohne Anhalt in der Summa10.




1) Mommsen im Theodosianus I, 1, p. XC.    
2) Die Erscheinung der Vorlagerungen ist bei Benedikt durchaus nichts Ungewöhnliches; vgl. aus dem ersten Buche c. 22? 102. 264. 315. 322.    
3) Vgl. oben S. 356 (zu 2, 100 ff.), S. 360 (zu 2, 108 ff.).    
4) Aus der (echten) Hispana, ed. Migne LXXXIV, 477. 475. 477.    
5) Vgl. vorhin N. 2.
6) Im Folgenden nach der Hs. benutzt.    
7) Die Rubrik der Summa c. 3 lautet: 'Ut episcopus sit liber ab ('ab' fehlt im Rubrikenverzeichnis f. 158a, steht f. 160b in der vor dem Texte wiederholten Rubrik) omnibus nexibus'.    
8) Damit setzt sich Benedikt hinweg über das geltende Recht; vgl. Stutz, Gesch. des kirchl. Benefizialwesens I, 248 -250. 273-275.    
9) Zur Sache vgl. etwa Ben. 1, 174. 2, 124, und im allgemeinen Stutz a. a. O. I, 231 f.    
10) Diese fährt in Ueberein-




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 365]

2, 119 = Conc. Toletan. XII. c. 9 § 12 Hisp.; vgl. Hisp. Augustodunensis f. 105b'; Lex Visigothorum 12, 3, 12 rubr. (Erv.), MG. L. Visig. p. 428. 438. Rubrik zur Rubrik von Benedikt. Dem Texte 'ne - christiana', der im Westgothengesetz, in der echten und in der verfälschten Hispana und bei Benedikt überall gleich lautet, geht in der Hisp. das Wort 'Item', bei Ben. das interpolierte Wort 'Placuit' voran. Dass Ben. nicht die Lex Visig., sondern das Conc. Tolet. benutzte, wird durch das folgende Kapitel nahegelegt.

2, 120 = Conc. Toletan. XII. c. 5 Schlusssatz Hisp.; vgl. Hisp. Augustod. f. 105a'1. Rubrik von Benedikt; die Rubrik zu c. 5. cit. lautet anders. Anfang des Textes gemodelt: 'Placuit' statt 'Ergo hoc ('hoc' om. Aug.) modis omnibus est tenendum'. Von den Varianten deckt sich eine ('perceptionis'; echte Hisp.: 'perceptioni') mit der Augustod., eine andere mit der echten Hisp. ('se participem'; statt 'p. se' Aug.).

2, 121: Quelle unbekannt. Fälschung Benedikts, der hier gegen die Chorbischöfe zu Felde zieht. Die einzige vorbenediktische Fälschung, die ihre Spitze gegen die Chorbischöfe kehrt, ist das aus der Fabrik der pseudoisidorischen Gruppe hervorgegangene Schreiben des PseudoDamasus De vana superstitione corepiscoporum vitanda, welches sich schon in der Augustodunensis (f. 120b-122b') findet. Im Anfang dieses Schreibens sind einige Phrasen gebraucht, an die Benedikts Kapitel anklingt. Die Wortanklänge sind in untenstehender2 Wiedergabe zweier Sätze der Hs. von Autun (f. 129b') durch Sperrdruck kenntlich gemacht.



stimmung mit Julian fort (a. a. O. f. 160b): 'Taxiotas enim vel curiales ad episcupatum prosilientes curiae restitui sancimus. Quod si iam consecrati inveniantur, legittimam portionem de rebus suis curiae redda(n)t. Rebus vero, quas post episcupatum adquesieri(n)t, eclesiae eorum conpetere disposuimus'.    
1) Knust verweist irrtümlich auf Canon. apostolorum c. 9.    
2) '. . . nil vobis certius respondere videtur, quam olim a predecessoribus nostris decretum reperimus, ut eis ad veniam nihil prorsus aliud reservetur quam privatio sacri ministerii, quod inlicite assumserunt, quia prohibiti tam ab hac sacra sede quam et a totius orbis fuerant episcopis . . . . . Nam, ut nobis relatum est, quidam episcoporum propter suam quietem eis plebes suas committere non formidant, et ut inlicita atque prohibita agant, id est ea, quae solis pontificibus debentur, sibi usurpant et ipsi in sua quiete torpent . . .'. - Die Wendung 'ad veniam nihil prorsus . . . reservare' stammt, was Hinschius, Decretales pseudo-isidorianae p. 510 nicht bemerkt hat, aus Conc. Epaon. 517 c. 30 in. (MG. Conc. I, 26) = Conc. Pseudo-Agath.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 366]

2, 122a = Conc. Toletan. XII. c. 9 § 19 Hisp.; vgl. Hisp. Augustod. f. 105b'; Lex Visigothorum 12, 3, 19 rubr. (Erv.), MG. L. Visig. p. 429. 448. Rubrik zur Rubrik von Benedikt. Der Text 'Ne Iudaei - audeant' deckt sich wörtlich mit der echten Hispana und mit der Lex Visig., während die Augustod. an zwei Stellen abweicht ('in ordinem' statt 'sub ordine'; 'redigere' statt 'regere'). Also hat Ben. wohl die echte Hisp. vor sich. Verdrängt ist der Schluss der Vorlage 'et de dampnis eorum, qui his ('his' om. Aug.) talia ordinanda iniunxerint' durch die von Benedictus herrührenden Worte: 'nec eis hoc a quoquam fieri praecipiatur'.

2, 122b ('Si quis vero' u. s. w.): Quelle dieser angeflickten Sanktion bisher nicht gefunden1. Die Gleichstellung der Degradation von Klerikern mit der Exkommunikation von Nichtklerikern in der kirchlichen Strafenskala2 findet sich schon früh (Can. apost. c. 25, Conc. Carthag. I. c. 14 med., Conc. Chalced. c. 8. 27) und wird gelegentlich noch im 9. Jh. festgehalten3. Benedikt kann also seine die Kleriker privilegierende Strafbestimmung sehr wohl einer (bisher nicht ermittelten) Synode entnommen haben. Vgl. auch unten 2, 163. 3, 431 i. f.

2, 123 = Summa c. 19 (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158b. 163a); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 115, 33 (459), ed. Haenel p. 155; bei Benedikt keine Parallele. Rubrik und Text sind wortgetreu wiedergegeben, nur dass Ben. das Wort 'misterio'4 in 'ministerio' verwandelt5, wodurch er - wohl zufällig - die ursprüngliche Fassung Julians wiederherstellt.

2, 124 = Summa c. 18 (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158b. 162b); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 115, 8 (434). ed. Haenel p. 149 sq.; Parallelbenutzung in Ben. Add. III. 46 + 47. Beide Benutzungen gehen auf die Summa selbst zurück (nicht Ben. 2, 124 auf Add. III. oder umgekehrt); denn bald hält sich Ben. 2, 124 näher zu der Vorlage6, bald Add. III. 46 + 477. In



506 c. 61 (Migne LXXXIV, 272) = Conc. Arelat. 813 c. 11 (MG. Conc. II, 251): 'nihil prorsus veniae reservamus'.    
1) Der Satzteil: 'si vero monachus aut laicus fuerit, communione privetur' deckt sich fast wörtlich mit Conc. Chalcedon. c. 8 i. f. (Dion.-Hadr. ed. 1609 p. 125) = Ben. 3, 155 i. f.    
2) Vgl. Hinschius, Kirchenrecht IV, 739 (N. 1). 753; V 1, 75 f.    
3) Conc. Aquisgr. 836 Cap. II A c. 12 (MG. Conc. II, 710).
4) Vorausgesetzt, dass es nicht blos verschrieben ist.    
5) Vgl. auch unten 2, 129.    
6) Bei Ben. 2, 124 ist die Vorlage nicht in zwei Kapitel zerrissen; ferner stimmen textlich 2, 124 und Summa gegen Add. in




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 367]

Nebendingen weichen Ben. 2, 124 und Add. übereinstimmend von der Summa ab1.

2, 125 = Summa c. 17 (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158b. 162b); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 51, 1 (192), ed. Haenel p. 77 sq.; Parallelbenutzung in Bened. Add. III. 43. Rubrik wie Text von 2, 125 sind wortgetreue Wiedergabe der Summa (in der Fassung der ersten Hand2 des Phillippicus). Dasselbe gilt auch von Add. III. 43, nur dass hier das 'nihil' der Summa zu 'nil' kontrahiert ist.

2, 126 = Summa c. 16 (Rubrik und Text erhalten in Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158b. 162b; die Rubrik lautet im Rubrikenverzeichnis3 anders als vor dem Text4); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 6, 4 (27) in., ed. Haenel p. 30; Parallelbenutzung in Ben. Add. III. 40. Benedikt stimmt an beiden Stellen wörtlich mit Rubrik II4 und Text der Summa überein.

2, 127 = Summa c. 15 (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158b. 162a. b); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 6, 8 (31) in., ed. Haenel p. 31; Parallelbenutzung unten Add. III. 37. Benedikt gibt wiederum an beiden Stellen seine Quelle wörtlich wieder, nur dass er beidemal (wohl auf Grund der Lesart seiner Hs. der Summa) statt 'ritum'5 'meritum' schreibt.

2, 128 = Summa c. 14 (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158b. 162a); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 6, 7 (30), ed. Haenel p. 31; Parallelbenutzung unten Add. III. 34. Die drei Texte lauten Wort für Wort gleich; was die Rubrik angeht, so ist sie genau wiedergegeben in Add., während sich Buch II wieder ein



folgendem zusammen: 'publicarum' ohne das in Add. hinzugefügte 'rerum'; 'curator', während Add. mit 'curationis' alleinsteht; 'alii clerici' (vgl. auch Julian), wofür Add. schreibt 'clerici ibi'; 'sua substantia', Add. lässt 'sua' fort.    
7) Ben. 2, 124 entfernt sich von Summa und Add. III. in folgendem: 'magister' eingeschoben hinter 'vectigalium'; 'istorum res', wo die Summa schreibt: 'eas (Schreibfehler für 'eius'?) res' und die Additio 'res eius' [Julian hat 'eius res']; 'vendicari' (zufälliges Zusammentreffen mit Jul.) statt 'vindicare'; 'actione' statt 'exactione' (so Add.; im Phillippicus Schreibfehler: 'exacciones').
1) vv. 'existimaverit', wo die Summa 'extimaverit' (C##1) bzw. 'estimaverit' (C2; vgl. Julian: 'aestimaverit') schreibt; 'vel' vor 'administratores', was im Phillippicus fehlt (Schreiberversehen?).    
2) Diese schreibt nämlich 'uso' = 'usu'; C##2 dagegen korrigiert: 'usum'.    
3) 'De clericis, quales fiant'.    
4) 'Quales sint clerici'.    
5) 'ritum' könnte auch Schreibfehler des Phillippicus sein; aus Julian lässt sich eine Entscheidung weder für 'ritum' noch für 'meritum' gewinnen.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 368]

mal1 von der gemeinsamen Vorlage ('ordinibus') entfernt (durch die Aenderung 'ordinationibus').

2, 129 = Summa c. 8 (Rubrik und Text, Cod. Berolin. Phillipp. 1735, f. 158b. 161b); Vorlage der Summa: Iul. Ep. Nov. 115, 32 (478), ed. Haenel p. 159; Parallelbenutzung unten Add. III. 28. Benedikts beide Kapitel nebst Rubriken decken sich fast wörtlich mit der Summa; nur ist aus 'misteria' (so die Summa; vgl. Julian) sowohl in 2, 129 als in Add. III. 28 'ministeria' geworden (vgl. oben 2, 123)2.

Für Ben. 2, 125-129 bzw. Add. III. 43. 40. 37. 34. 28 könnte man an sich annehmen, dass nur einmal direkt auf die Summa zurückgegangen worden sei, wenn sich nicht für Ben. 2, 124 bzw. Add. III. 46 + 47 das Gegenteil mit Sicherheit ergäbe; was bei letzterem Doppeltexte sicher ist, muss für die ganze Doppelreihe gelten.

2, 130-161 Mischreihe aus der Lex Visigothorum (Erv.) einerseits, aus älteren gallischen Konzilien andererseits3.

A. Erste Unterreihe 2, 130-140. Aus der L. Visig. ist vorgelagert 12, 3, 8 rubr.4, dann folgen in der Ordnung des Originals 3, 1, 9. 8, 1, 10. 11. - Die Konzilienexzerpte bilden zunächst eine chronologische Reihe (Arelat. I. 314, Agath. 506, Arvern. I. 535, Aurel. V. 549); schliesslich aber fallen sie aus der zeitlichen Folge heraus (Aurel. I. 511); beachtet man die Stoffe, die in 2, 131. 132 (vagabundierende Büsser, Kleriker und Mönche). 134-136 (Angriffe auf das Kirchenvermögen). 139. 140 (Disziplin über Aebte und Mönche) behandelt sind, so wird man zu der Vermutung gedrängt, dass Benedikt eine Kanonensammlung nicht chronologischer, sondern systematischer Ordnung5 vor sich hatte.

2, 130 cf. Lex Visigothorum 12, 3, 8 rubr. (Erv.), MG. L. Visig. p. 428. 435; vgl. Conc. Toletan. XII. c. 9 § 8




1) Vgl. S. 366, N. 7 zu 2, 124.    
2) Dass die Hs. der Summa 'ipsi' (C1) bzw. 'ipse' (C2) bietet statt (des Julian und beiden Texten Benedikts gemeinsamen) 'ipsa', dürfte auf einem Schreiberversehen beruhen.    
3) Vgl. Studie III (N. A. XXIX), S. 299 f., wo sich eine Uebersichts-Tabelle der Mischreihe findet.    
4) Kann ebensogut aus Conc. Tolet. XII. c. 9 stammen (vgl. vorige Reihe S. 365 f.). Dasselbe gilt für L. Visig. 12, 3, 25 rubr., unten 2, 143.    
5) Vorläufig mag der Hinweis genügen, dass z. B. in der Collectio Andegavensis (Maassen, Quellen I, 822 f.) sich folgen tit. XIIII. 'De literis peregrinorum' u. s. w.; XXXIIII. 'De rebus ecclesiae abstractis aut contradictis'; XLV. 'De monachis et monasteriis'.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 369]

Hisp.1, Migne LXXXIV, 477; vgl. ferner unten 2, 327. 408. 3, 179 i. f. Rubrik zur Rubrik von Benedikt. Den Originaltext (des Gesetzes oder des Kanons) hat sich Benedikt zurechtgemacht und dann weiter verfälscht:

Original.
Früheres

Stadium der Fälschung2:
  Ne ('Item ne' Tol.) Iu-   Ut3 christiani ex
daei ex propinquitate sui propinquitate sui sanguinis4
sanguinis connubia ducant et connubia non3 ducant nec5
ut sine benedictione sacer- sine benedictione sacerdotis6
dotis nubere non audeant. nubere audeant.

2, 131 = Concil. Arelat. I. 314 c. 16, Hispan. ed. Migne LXXXIV, 240; aus anderen Sammlungen ed. Bruns II, 109; aus der Sammlung der Hs. von Diessen (Clm. 5508) ed. Amort, Elementa iur. can. II, 2527; vgl. Ben. 1, 129 in. Rubrik aus Zwischenquelle oder von Benedikt? Varianten unbedeutend; die Auslassung von 'ita' (steht in Hisp. und Colon.) und der Plural 'in eisdem locis' scheinen auf eine der gallischen Sammlungen zurückzugehen.

2, 132 = Concil. Agath. 506 c. 38 in., Hispan. ed. Migne LXXXIV, 269; aus anderen Sammlungen ed. Bruns II, 153. Rubrik aus der Originalrubrik. Text wörtlich = Satz 1 der Vorlage, nur dass die Mönche ('vel monachis') aus Satz 2 der Vorlage herübergenommen sind.

2, 133a = Lex Visigoth. 3, 1, 9 rubr. init. (Erv.), MG. L. Visig. p. 121. 131. Rubrik zur Rubrik von Benedikt. Text leicht geändert ('Nullum' statt 'Ne'). - 2, 133b ('nec sine publicis nuptiis quisquam nubere praesumat'): Quelle unbekannt. Zur Sache vgl. unten 3, 179 und von älteren Quellen: Leos I. Schreiben an Rusticus 458-459 (Jaffé 544 [320]), Hisp. c. 4 i. f. (Migne LXXXIV, 766)8




1) Die Hispana Augustod. scheint auf unsere Reihe keinen Einfluss geübt zu haben.    
2) Liegt vor in Ben. 2, 327.    
3) Ben. 2, 408 hat noch das echte 'ne . . . ducant'.    
4) Hier ist in 2, 130 eingeschoben: 'usque ad septimum gradum' (vgl. 2, 209b); vgl. dazu den Text von L. Visig. 12, 3, 8 (p. 435, lin. 26 sq.): 'usque ad sexti generis gradum'.    
5) Ben. 2, 130: 'neque'.    
6) Eingeschoben wird in Ben. 2, 130: 'qui ante innupti erant'; in Ben. 2, 408: 'cum virginibus'.    
7) Amort ist mir z. Z. unzugänglich. Von der Kölner Hs. besitze ich eine Kollation Wasserschlebens. Leider fehlt eine kritische Ausgabe der Synode.    
8) '. . . non ita accipiendum est, quasi eam coniugato dederit, nisi forte illa mulier et ingenua facta et dotata legitime et publicis nuptiis honestata videatur'.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 370]

und Conc. Vernense 755 c. 15 (MG. Capit. I, 36)1; ferner etwa Homilia Leonis c. 59: 'Omnibus denuntiate, ut nullus uxorem accipiat nisi publice celebratis nuptiis'.

2, 134 = Concil. Arvernense I. 535 c. 14, MG. Conc. I, 68; Hispana c. 13, l. l. col. 293. Rubrik von Benedikt? Im Text ist das Wort 'abstulerit' von Ben. interpoliert; mit der Lesart 'scripturarum titulis' steht Ben. allein. Das Wort 'ecclesiae' hinter 'munuscula' findet sich zwar bei Crabbius und Surius; da aber das echte Wort 'sanctis', das bei Bened. wiederkehrt, bei letzteren fehlt, so kann Ben. seinen Text nicht aus ihren Hss. haben, also wird auch 'ecclesiae' interpoliert sein. Im Uebrigen kann Benedikt oder seine Zwischenquelle, nach den Lesarten zu schliessen, eine der Hss. CLMN, bezw. die Hispana, dagegen nicht F und nicht P benutzt haben.

2, 135 = Concil. Aurel. V. 549 c. 14, MG. Conc. I, 104 = Concil. 'Arvernense II.' c. 14 Hisp., l. l. col. 2972. Rubrik von Benedikt? Im Text steht Ben. mit 4 Lesarten ('positas', 'ecclesiae', 'ipse', 'legibus') allein; vielleicht ist er der Urheber dieser Abweichungen. Drei Varianten beweisen, dass Ben. nicht die Hss.-Klasse β (= RHAB), eine Variante beweist, dass er nicht die Hss. TI vor sich gehabt haben kann. Somit bleiben als mögliche (Ur-)Quellen Benedikts die Hss. CKLFN und Hisp., letztere wohl trotz ihrer Lesart 'quaeque'.

2, 136 = Concil. Aurel. cit. c. 13, MG. Conc. I, 104 [= Concil. 'Arvern.' cit. c. 13 Hisp., l. l. col. 297]. Rubrik von Benedikt? Der Text Benedikts deckt sich bis auf zwei ganz untergeordnete Varianten ('si quis', letztes 'aut') mit dem Texte Maassens. Von den überhaupt vorhandenen (Ur-)Quellen kommen, wie sich an der Hand des Variantenapparats der kritischen Ausgabe zeigen lässt, die meisten als Vorlagen Benedikts nicht in Frage (RHAB; TI; FN Hisp.; K). Somit bleiben als (mittelbare oder unmittelbare) Vorlagen Benedikts nur die Hss. C und L, d. h. codd. Paris. 12097 und Berol. Phillipsii 1745 mit den Sammlungen der Hss. von Corbie und von Lyon.




1) 'Ut omnes homines laici publicas nuptias faciant tam nobiles quam innobiles'. Nach Scherer, Kirchenrecht II, 235, N. 17 ist Ben. 2, 133b 'nach' dieser Stelle gebildet; quoad sensum - möglicherweise, quoad verba - nein.    
2) Nicht: Concil. Paris. V. 614 c. 11(9), MG. Conc. I, 188 sq. = Karoli M. Capitulare primum 769 c. 18, MG. Capit. I, 46 (wo Boretius irrtümlich auf Concil. Aurel. V. c. 14 verweist) = Ben. 3, 140.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 371]

2, 137 = Lex Visig. 8, 1, 10 Rubrik und Satz 1. 2 des Textes (Erv.)1, MG. L. Vis. p. 317; vgl. unten 2, 355. Vorlage (in der Rubrik wie im Texte) leicht gemodelt.

2, 138 = Lex Visig. 8, 1, 11 Rubrik und Text ([Recc. oder] Erv.), MG. L. Vis. p. 317; vgl. unten 2, 356. Vorlage mit buchstäblicher Treue wiedergegeben, nur dass die Prügelzahl von 100 auf ein Grosshundert (120) erhöht wird (wie oben 1, 342).

2, 139 = Concil. Aurel. I. 511 c. 19 in., MG. Conc. I, 7 lin. 1-3 = Hisp. c. 15, l. l. col. 276. Rubrik von Benedikt? Rubrik ähnlich in der Hispana, aber nicht gleichlautend. Text genau2 wie bei Maassen, also nicht aus KRHABPFON, sondern (direkt oder indirekt) aus einer der Hss. C(L)3 BMS bezw. Hisp.

2, 140 = Concil. Aurel. cit. c. 22, MG. Conc. I, 7 = Hisp. c. 18, l. l. col. 276. Rubrik wie zu 2, 139. Text wiederum genau wie bei Maassen, von zwei Kleinigkeiten ('Ut', 'aut') abgesehen. Nicht benutzt KRHABPFON Hisp., möglicherweise benutzt (CL)MS.

Sieht man zurück auf die Ergebnisse, zu denen die Variantenvergleichung der Vorlagen für 2, 134-136. 139. 140 geführt hat, so gewinnt man den Eindruck, dass Benedikts ausgezeichneter Text der gallischen Konzilien den Sammlungen der Hss. C und L am nächsten steht4.

B. Zweite Unterreihe 2, 141-161. Aus der Lex Visig. ist (in 2, 143) vorgelagert 12, 3, 25 rubr., dann folgen in der Ordnung des Originals 2, 4, 4. 5. 2, 5, 1. 2. 4. 3, 4, 18. 5, 4, 1. 5, 7, 7. 12. 7, 2, 7. 8, 1, 2. - Die Konzilienexzerpte bilden zunächst eine chronologische Reihe (Arelat. II. 442-506, Agath. 506, Epaon. 517, Paris V. 614), schliesslich aber scheinen sie aus der zeitlichen Folge herauszufallen (Agath. 506?). Vielleicht ist dieses Herausfallen in der Tat blosser Schein (vgl. unten zu 2, 156-158). Eine sachliche Ordnung der Konzilienexzerpte, die auf Benutzung einer systematischen Sammlung hinführen würde, habe ich bisher nicht5 entdecken können.




1) Nicht Recc., vgl. die Lesart 'Quod' statt 'Qui'.    
2) Abgesehen natürlich von der Orthographie.    
3) Auf den leicht zu emendierenden Schreibfehler 'elegent' ist kein Gewicht zu legen.    
4) Wobei vorausgesetzt wird, dass alle gallischen Konzilien von Ben. aus einer und derselben Urquelle entnommen sind.    
5) Merkwürdig ist immerhin, dass 2, 141 + 142. 144. 154. 155 in umgekehrter Ordnung in die Collectio Andegavensis (tit. 64? 52. 14. 11) eingestellt werden könnten.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 372]

2, 141 = Concil. Arelat. II. 442-506 c. 25, Hispana, l. l. col. 244; aus anderen Sammlungen ed. Bruns II, 133. Rubrik von Benedikt oder aus Hisp. rubr. init.? Benedikts Lesarten: 'Quicumque' statt 'Hi qui', 'sanctae' statt 'sanctam', 'apostant' statt 'apostatant', Streichung von 'sine poenitentia' vor 'communionem' finden sich in den bekannten Texten des canon Arelat. nicht, dürften also Benedikt eigen sein. Der Schluss der Vorlage 'Et quicumque - habeatur' kehrt bei Ben. nicht wieder. Welche Kanonensammlung Ben. benutzt hat, bleibt vorläufig im Ungewissen.

2, 142 = Concil. Arelat. cit. c. 491, ed. Bruns II, 136. Rubrik von Benedikt? Im Text der Vorlage streicht Ben. die 3 ersten Wörter 'Secundum instituta seniorum'; im übrigen stimmt sein Text buchstäblich mit dem gedruckten2 überein. Welche der Kanonensammlungen Benedikts (Ur)- Quelle war, bleibt wiederum dahingestellt2 (ebenso bei 2, 144. 145. 154. 155).

2, 143 = Lex Visigoth. 12, 3, 25 rubr. (Erv.), MG. L. Vis. p. 429. 453; vgl. Concil. Toletan. XII. c. 9 § 25 Hisp., l. l. col. 4783. Rubrik zur Rubrik von Benedikt. Einzige Variante: 'cohibentiam' statt 'conibentiam' (= coniventiam).

2, 144 = Concil. Arelat. II. 442-506 c. 514, ed. Bruns II, 136. Rubrik von Benedikt? Der verhältnismässig lange Text deckt sich buchstäblich mit dem gedruckten Text der Vorlage, nur dass vor 'calumniator' eingeschoben ist 'eius'.

2, 145 = Concil. Agath. 506 c. 8, Hispan., l. l. col. 264; aus anderen Sammlungen ed. Bruns II, 147 sq.; vgl. unten Add. IV. 65. Rubrik von Benedikt?, zum Teil verwandt mit der Originalrubrik. Die 2 ersten Worte im Text der Vorlage ('Id etiam') hat Ben. gestrichen; mit der Lesart 'et solatium' (statt 'et is, ad quem recurrit, solatium') steht Ben. auf Seiten der Sammlungen CFY; Paris. Ies. 563, jetzt nicht in Berlin, verschollen; Cotton. Claud. D IX u. s. w., im Gegensatz zur Coloniensis (K), Hispana u. s. w.5 Das unmittelbar folgende 'ei' fehlt in der Hispana; 'iste' und das 'ab' (statt 'de') vor 'ecclesiae' scheint auf Rechnung Benedikts zu kommen.




1) In der Pithoeana (P) und in der Hispana fehlt der Kanon; vgl. Maassen, Quellen I, 195.    
2) Die Sammlung der Kölner Hs. (K) weicht mehrfach ab: 'conventu' statt 'convivio', 'venire' statt 'redire', wie ich Wasserschlebens Kollation entnehme. Also geht Ben. nicht auf K zurück.    
3) Vgl. oben zu 2, 130-140, S. 368, N. 4.    
4) In P und Hisp. fehlt der Kanon; vgl. Maassen a. a. O.    
5) Genauere Angaben sind mangels einer kritischen Edition nicht möglich.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 373]

2, 146 = Lex Visig. 2, 4, 4 in. (Erv.)1, MG. L. Vis. p. 97; vgl. unten 2, 344. Rubrik von Benedikt. Zwei nebensächliche Varianten.

2, 147 = Lex Visig. 2, 4, 5 in. ([Recc.,] Erv.), MG. L. Vis. p. 98; vgl. unten 2, 345a. Rubrik von Benedikt. Im Text 2 Interpolationen ('absentes neque'; 'et viderunt'); ausserdem 'negotiis' hinter 'aliis' gestrichen.

2, 148 = Lex Visig. 2, 5, 1 in. ([Recc.,] Erv.), MG. L. Vis. p. 106; vgl. unten 2, 416. Rubrik aus der Vorlage. Im Text 'esse' hinter 'conscriptae' eingeschoben.

2, 149 = Lex Visig. 2, 5, 2 (Erv.), l. c. p. 107; vgl. unten 2, 346. Rubrik aus der Vorlage. Benedikt schreibt im Texte 'legitime ac iustissime' mit Erv. und gegen Recc. ('iust. ac leg.'). Gegenüber Erv. zwei Abweichungen: 'conservandis', 'scripturas'.

2, 150 = Lex Visig. 2, 5, 4 (Erv.)1, l. c. p. 107; vgl. unten 2, 349. Rubrik aus der Vorlage. Rubrik und Text wörtlich wie in cod. E 1 ('licere', 'aut').

2, 151 = Lex Visig. 3, 4, 18 fin. ([Recc.,] Erv.), l. c. p. 158 lin. 17-20; vgl. unten 2, 350. Rubrik von Benedikt. Eine Variante ('videantur' statt '-eamur').

2, 152 = Lex Visig. 5, 4, 1 ([Recc.,] Erv.), l. c. p. 218; vgl. unten 2, 417. Rubrik aus der Vorlage ('Ut' statt 'Ut ita'). Text wörtlich gleichlautend.

2, 153 = Lex Visig. 5, 7, 7 (Erv.)1, l. c. p. 237. Rubrik und Text wie in der Vorlage, mit ganz unbedeutenden Abweichungen.

2, 154 = Concil. Epaonense 517 c. 6, MG. Conc. I, 20 = MG. Auct. antiq. VI 2, 168; Hisp. c. 2, Migne LXXXIV, 2872. Rubrik von Benedikt? (ähnlich wie in der Hispana). Text wörtlich wie Maassens Text. Welche der Sammlungen Benedikts (Ur-)Quelle ist, lässt sich aus den farblosen Lesarten nicht ermitteln.

2, 155 = Concil. Epaon. cit. c. 9, MG. Conc. I, 21 = MG. Auct. antiq. VI 2, 169; Hisp. c. 5, l. l. col. 2873. Rubrik von Benedikt? Text wie im Original. Lesarten der Ursammlungen wiederum neutral; nur cod. I (Collectio Albigensis) weicht ab.




1) Nicht Recc.    
2) Nicht: Concil. 'Agathense' 506 c. 52 (Migne LXXXIV, 271; Bruns II, 156; vgl. MG. Conc. I, 20, l. 35) wegen abweichenden Textes.    
3) Uebereinstimmend: Concil. 'Agath.' 506 c. 57 (Migne LXXXIV, 271; Bruns II, 157); vgl. MG. Conc. I, 21, l. 33; nur cod. H weicht ab.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 374]

2, 156 cf. Concil. Parisiense V. 614 c. 6 (4), MG. Conc. I, 1871 = c. 17 additum Karoli M. Capitulari primo 769, MG. Capit. I, 462; vgl. unten 3, 1393. Rubrik von Benedikt? Wo Benedikts Text nicht seine eigenen Wege wandelt, geht er mit cod. D4. Eigentümlich sind Benedikt auffallend viele Textgestaltungen: 1. die Plurale 'presbiteros' und 'diaconos', 2. die Worte 'neque reliquos clericos vel' statt 'aut clericum aut', 3. 'licentia' statt 'scientia'5, 4. 'proprii6 episcopi' statt 'pontificis per se', 5. 'communione privetur' statt 'sit sequestratus' (vgl. n. 7), 6. 'agnoscat' statt 'cognoscat', 7. die Auslassung der auf 'fecerit' folgenden Worte des canon Paris.: 'ab ecclesia, cui iniuria inrogari dinoscitur'; am Schluss zwei Einschiebsel: 8. 'per satisfactionem'7 und 9. 'ecclesiae quod commisit'. Mag man noch so viele Abweichungen vom Pariser Kanon als tendenziöse Aenderungen Benedikts ansehen (n. 4. 5 + 7. 8. 9), so bleibt doch eine Anzahl von Aenderungen (n. 1. 2. 3. 4 ['episcopi']), für die es an einer Erklärung zu fehlen scheint. So kann nur wiederholt8, natürlich mit aller Reserve, die Vermutung ausgesprochen werden, dass Ben. 2, 156 vielleicht einer unbekannten merowingischen Synode entnommen sei, die ihrerseits den Pariser Kanon vor sich hatte oder ihm zur Quelle diente.

2, 157 cf. Concil. Agath. 506 c. 32 Rubrik und Textanfang, Hisp., l. l. col. 268; aus anderen Sammlungen ed. Bruns II, 152. Rubrik vor der Originalrubrik von Benedikt? Mit dem Texte verhält es sich so (vgl. dazu unten S. 375/6):

Conc. Agath.9
Ben.10
  Ut clericus incon-   Nullus ex ordine
sulto episcopo ad iu- clericorum inconsulto pro-
dicem saecularem non prio episcopo ad iudicem




1) Aus cod. D (= Sammlung der Hs. von Diessen) und cod. R (= Sammlung der Hs. von Reims).    
2) Aus dem verschollenen cod. S. Vincentii Laudunensis, herausgegeben von Baluze, Capitularia I, col. 193 sq., ignoriert von Maassen in der Konzilienausgabe.    
3) Deckt sich mit dem cod. S. Vincentii (Note 2), abgesehen von 'sine scientia' statt 'extra conscientiam', 'si' statt 'si quis hoc'.    
4) Nicht mit cod. R (wegen 'condempnare' und 'agnoscat'), und nicht mit cod. S. Vinc. (wegen 'iudicum', 'iuniores', 'sine licentia', 'si' ohne 'quis hoc').    
5) Vgl. die Interpolation in 2, 58 (oben S. 330).    
6) Vgl. oben zu 2, 84 rubr.
7) Vgl. unten 2, 158.    
8) Vgl. Studie III (N. A. XXIX), S. 300, N. 4.
9) Kursiv gedruckt ist, was bei Ben. nicht wiederkehrt.    
10) Gesperrt gedruckt ist, was sich nicht mit dem canon Agath. deckt.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 375]



Conc. Agath.
Ben.
pergat1. Clericus ne quem- secularem pergat neque
quam2 praesumat apud sae- apud eum suo episcopo non
cularem iudicem episcopo non permittente quenquam pul-
permittente pulsare; sed si sare aut cuiquam ante
pulsatus fuerit, [non]3 re- eum respondere aut quic-
spondeat, non proponat nec quam proponere praesu-
audeat criminale negotium mat neque criminale ne-
in iudicio saeculari pro- gotium in iudicio seculari
ponere. proponere audeat.

2, 158 cf. Concil. Agath. cit. c. 32 Ende, ll. cc. Rubrik von Benedikt? Mit dem Texte verhält es sich so:

Conc. Agath.
Ben.
  Si quis vero saecularium   Si quis secularium per
per calumniam ecclesiam aut calumniam ecclesiam vel
clericum fatigare tentaverit res eius7 aut clericos
et evictus4 fuerit, ab5 ec- cuiuslibet ordinis8
clesiae liminibus et6 catho- fatigare temptaverit et ex
licorum communione, nisi hoc convictus fuerit, ab
digne poenituerit, arceatur. ecclesiae liminibus et catho-

lica communione, nisi digne

poenituerit et per satis-

factionem ecclesiae

emendaverit9, pella-

tur.

Zu 2, 157. 158. Kapitel 158 stimmt mit dem Original überein bis auf die aus der linken Spalte ersichtlichen 5 Varianten und bis auf die Zusätze bei Ben., die als Inter




1) 'Ut - pergat' ist die Originalrubrik.    
2) 'ne quemquam' anscheinend die meisten gallischen Sammlungen; 'nequaquam' Coll. Colon. (= K) und Hisp.    
3) Dieses dem echten Texte fremde 'non' findet sich - abgesehen von der Augustod. und den von ihr abhängenden Sammlungen (z. B. Cod. Paris. 1536, Cotton. Claud. D IX, Berol. Phillipp. 1778) - im Cod. Paris. 1455 (vgl. Maassen, Pseudoisidor-Studien I, 18 f.; II, 62) und in der Collectio Hibernensis 21, 27b (Seckel, Art. Pseudoisidor S. 293, Z. 53).    
4) 'evectus' cod. Colon.; 'victus' cod. Lucensis 124 und zwei Hss. der Hispana.    
5) 'ab' fehlt in der Hispana und der Coloniensis.    
6) 'a' fügen bei die Hispana und eine Anzahl gallischer Sammlungen; 'a' fehlt in der Coloniensis.    
7) Vgl. die Interpolation von 'earumque res' (zu 'ecclesias') oben 2, 115.    
8) Gewöhnliche Phrase; vgl. z. B. Conc. Clippiac. 626. 627 c. 7. 20; Conc. Tolet. I. c. 5 rubr.    
9) Vgl. oben 2, 156 i. f.: 'et per satisfactionem emendet ecclesiae'.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 376]

polationen zu betrachten sein dürften. Kapitel 157 dagegen weicht, abgesehen von den wahrscheinlich von Ben. interpolierten Worten 'proprio' und 'suo' (je vor 'episcopo')1, in Wortlaut und Wortstellung so stark und dazu tendenzlos2 vom can. Agath. ab, dass sich wie bei 2, 156 der Gedanke an eine unbekannte Zwischenquelle für Kapitel 157 und damit auch für Kapitel 158 aufdrängt.

2, 159 = Lex Visig. 5, 7, 12 ([Recc.,] Erv.), MG. l. c. p. 239; vgl. unten 2, 352. Rubrik aus dem Original. Varianten des Textes an sich untergeordnet; sie beweisen aber wohl, dass Ben. den cod. E 1 oder einen nahen Verwandten desselben vor sich hatte, vgl. die Lesarten 'testimonia' (so cod. Goth.b, Vat. Pal. 583), 'eisdem', 'progeniti'; 'ad' statt 'omnismodis ad'.

2, 160 = Lex Visig. 7, 2, 7 ([Recc.,] Erv.), l. l. p. 291. Rubrik die originale. Im Text eine nebensächliche Variante.

2, 161 = Lex Visig. 8, 1, 2 (Erv.), l. c. p. 313; vgl. unten 2, 353. Rubrik die des Originals. Varianten meist unbedeutend; der Schlusssatz durch Streichung des 'non' vor 'potuit' interpoliert, und damit der Sinn gründlich verändert.

Beilage.

Die Breviatio canonum Sardicensium.

Der von Benedikt benutzte Auszug der sardicensischen Kanonen ist in folgenden Sammlungen bzw. Hss. überliefert3:

1. Sammlung der Freisinger Hs.4, ungedruckt, enthalten in Cod. Lat. Monac. 6243 (Fris. 43, zuvor Fris. B. G. 8) saec. IX. ineunt.5;

2. Sammlung der Würzburger Hs.6, ungedruckt, enthalten in Cod. Wirzeb. Mp. th. f. 146 saec. IX.;

3. Sammlung der Stuttgarter Hs.7, ungedruckt, enthalten in dem Codex iur. et pol. 113 saec. VIII. der Stuttgarter Hofbibliothek (f. 71a-72a unser Auszug);




1) Vgl. oben zu 2, 84 rubr.    
2) Eine Einschränkung erführe diese Behauptung, wenn Benedikts Vorlage 'respondeat' statt 'non resp.' schrieb.    
3) Vgl. Maassen, Gesch. der Quellen I, 60 f.    
4) Maassen a. a. O. S. 476-486, insbesondere S. 482. Die Sammlung gehört dem Ende des 5. Jh. an.    
5) Für die Uebersendung der Hs. nach Berlin spreche ich der Münchener Bibliotheksverwaltung den verbindlichsten Dank aus.    
6) Maassen a. a. O. S. 551-555, insbesondere S. 552. 7) Maassen noch unbekannt; von mir 1888 untersucht; vgl. Schulte in den Wiener SB. CXVII, 11, S. 1-15, insbesondere S. 4 (1889).




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 377]

4. Vermehrte Dionysio-Hadriana1, ungedruckt; die Breviatio can. Sardic. steht nicht in allen Hss. der Sammlung, sondern nur in Cod. Vallicell. A 5 saec. IX., Cod. Vercell. LXXVI saec. X., Cod. Vatic. 1353 saec. XII.; - mit der vermehrten Hadriana sind verwandt die Anhänge2 der Hadriana des Cod. Sessorianus LXIII saec. IX. exeunt.3 und des Cod. Lat. Monac. 3860a saec. X.4; - endlich gehört hierher die Hadriana des Cod. Vatic. 1337 saec. IX. ineunt.5

5. Sammlung der Diessener Hs.6, von Amort7 zum grössten Teil8 herausgegeben9, enthalten in Cod. Lat. Monac. 5508 (Diess. 8) saec. IX.

Von diesen 5 Sammlungen bieten die 4 ersten die reine Gestalt der Breviatio can. Sard.; in der Sammlung n. 5, deren Entstehung in die Zeit nach 626 fällt10, ist die Breviatio um zwei Kanonen (Diess. c. 18. 19) vermehrt, die dem Konzil von Sardica sicher fremd sind11.

Nachstehend wird die Breviatio ediert:

A. in ihrer reinen Gestalt, die als solche bisher nicht gedruckt war, nach Cod. Lat. Monac. 6243 (oben n. 1), f. 34b-36b (= F). Es entsprechen Breviatio c. 1 und 2 dem Original c. 2 und 112; Brev. c. 3 dem c. 313; c. 4 dem c. 414; c. 5 den c. 5 + 615; c. 6-20 den canones 7-21.

B. in ihrer interpolierten Gestalt, die zwar bei Amort (oben n. 5) gedruckt, aber wegen der Seltenheit seiner Elementa16 fast unzugänglich ist17, nach der editio princeps, II, 247-249 (= Cod. Lat. Monac. 5508, f. 13 = D).




1) Maassen a. a. O. S. 454-465, insbesondere S. 456 (unter n. LXXVIII).    
2) Unter diesen Anhängen findet sich unsere Breviatio.
3) Maassen a. a. O. S. 60. 442, n. 26; Hinschius, Zeitschr. f. Rechtsgeschichte II, 457.    
4) Maassen a. a. O. S. 60. 443, n. 56.    
5) Von Maassen a. a. O. S. 60 übersehen; vgl. aber denselben, Bibliotheca Latina iuris can. manuscripta I 1 (Wiener SB. LIII), 394; Ballerini, De ant. coll. P. 3 c. 2 n. 6 (Migne LVI, 210 f.).    
6) Maassen, Gesch. d. Quellen I, 624-636, insbesondere S. 625.    
7) Amort, Elementa iuris canonici (Ius canonicum vetus ac modernum) II (Ulmae, Francofurti et Lipsiae 1757) p. 273-594. Ich benutze das mir nach Berlin überschickte Marburger Exemplar des seltenen Buches.    
8) Ausser n. I-VIII. XI (Canones selbst). XIII-XXIII.    
9) Was Maassen a. a. O. S. 624 hätte mitteilen sollen.    
10) Maassen a. a. O. S. 631.    
11) Ueber ihre Herkunft ist nichts bekannt. Es sind andere Kanonen, als die im griechischen Text überschiessenden canones 18. 19 (Bruns I, 104. 106; Uebersetzung bei Friedrich, Die Unechtheit der Canones von Sardica II [1902], 389).    
12) c. 2 und 1 in den Rezensionen I (Dionysiana), III und IV (Migne LVI, 774 ff.); c. 1 in der Rezension II (Hispana).
13) c. 3 + 4 Hisp.    
14) c. 5 Hisp.    
15) c. 6 Hisp.    
16) Die Berliner Bibliotheken besitzen sie nicht.    
17) Die unechten Canones 18. 19 hat neuerdings Friedrich a. a. O. S. 386 f. aus der Hs. abgedruckt.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 378]

[f. 34b.] 1Incipita concilium Nichenuma XX episcoporum, quaeb in Grecoc non habentur, sed in Latino inveniunturd itad. - - -2

[f. 35b.] 3Incip(iunt) regulae XL4 aput Sardicam constitutae.

I. Hosius episcopus dixit: Nullae excusatio recipiatur episcopi de civitate adf civitatemf volentis migrare.

II. Hosius episcopus dixit: Ut, de civitate ad civitatem quisquam si migraverit aut episcopus aut clericus, excommunicatus praemaneatg.

[f. 35b'.] III. Hosius episcopus dixit: Ut litem habens episcopus cum alio episcopo non alterius, sed suae provintiae iudices quaeranth. Et iudicato in aliqua causa episcopumi liceat iterare iudicium vel episcopum Romanum adire.

IIII. Gaudentius episcopus dixit: Ut, dum iterato iudicio causam suam agit, alius in loco eiusk episcopus non ordinetur.

a) Incipit conc. nichenum ('nicenum' HS. D)] 'Regulae niceni concilii' Hauct.     b) 'quae' F. HS. Hauct.; 'qui' D.     c) 'greco' F (unrichtig Maassen I, 59. 482. 552: 'grego'). Hauct.(?). D; 'grego' HS. d) 'inveniuntur ita' F. HS. Hauct.5; 'esse inveniuntur tantummodo' D (nach dem Zeugnis von Amort und Maassen; anders Friedrich a. a. O. S. 386).     e) 'Ut nulla' D.     f) 'ad civitatem' om. D.     g) 'remaneat' D. h) 'quaerat' D.     i) 'episcopo' D.     k) om. D.



1) Diese Ueberschrift des Ganzen steht, soviel bisher bekannt ist, ausser in F auch in der Hadriana cod. Sessoriani (HS) und mit leichten Modifikationen einerseits in der vermehrten Hadriana (Hauct.), andererseits in D. - In der Würzburger Sammlung ist die in F später folgende Ueberschrift 'Incipiunt regulae XL apud Sardicam constitutae' an Stelle der echten (wenn schon unrichtigen) Ueberschrift 'Incipit - ita' getreten. Die späteste Entwickelungsform repräsentiert die Stuttgarter Sammlung, wo der Sache nach die Inskription der Würzburger Sammlung wiederkehrt in folgender Gestalt: 'Incipit synodus aput sardicam constitutus' (korr. in: 'constituta').    
2) Auf 'ita' folgt in F das Stück 'Sunt etiam regulae ecclesiasticae - sequi debebit'; dieses Stück, eine Erörterung über die afrikanischen und die sardicensischen Kanonen, ist schon 4 mal aus verschiedenen Hss. herausgegeben (von Wendelstein, Ballerini, Hinschius, Maassen); vgl. letzteren in der Gesch. der Quellen I, 955-957. - Wie in F steht das Stück hinter der (obenstehenden oder einer sie verdrängenden) Inskription auch in HS, H cod. Monac. 3860a, H cod. Vat. 1337, Hauct. und in der Sammlung von Würzburg; es ist gestrichen in den Sammlungen von Stuttgart und von Diessen.    
3) Diese (sachlich richtige) Inskription geht der Breviatio voraus wie in F, so auch in HS. (nach Maassen I, 60 ferner in H cod. Monac. 3860a und in Hauct.); vor das Ganze ist die zweite Inskription gestellt in den Sammlungen von Würzburg und Stuttgart (vgl. vorhin N. 1); gestrichen ist sie in D.    
4) Nämlich zuerst der Auszug (c. I-XX), dann die Canones selbst (c. XXI-XL).    
5) Nach den Ballerini (Migne LVI, 214 C); Maassen I, 456 lässt 'ita' weg.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 379]

V. Hosius episcopus dixit: Ut, si unus episcopus remanserit in provintia et hisa admonitus autb rogatus noluerit, ubi deest, episcopum ordinare, de vicina provintia alii qui sunt ordinent episcopum. Et ut non in locis minimis et abiectis episcopic ordinenturd.

VI. Hosius episcopus dixit: Ut, abiectuse episcopuse si vultf causam iterare ad Romanum episcopum, liceat eig.

VII. Hosius episcopus dixit: Ut non sint inportuni episcopi ad comitatumh, sed aut invitati ab imperatore vadant aut pro grandi causa misericordiae.

VIII. Hosius episcopus dixit: Ut ad comitatum mittant magis [*f. 36a.] *quam vadanti aut certe scribant ad amicos suos potentes.

VIIII. Alipius episcopus dixit: Ut pias intercessiones agant, et ipsas utinam non per se, sed magis per distinatosk.

X. Gaudentius episcopus dixit: Ut poena statuatur non servantibus decreta concilii. Et inquirat episcopus inl sardinalil (!) ab eo, qui ad comitatum vadit, qua pergat ex causa. Utm, si notabilian invenerit et probatumo (!) non potuerit retorquere, neque communicet ei.

XI. Hosius episcopus dixit: Ut prius decreta audiat unusquisque et ita demum, si non servaverit, damnetur. Et ut mittat, si opus est, non vadat ad comitatum.

XII. Hosius episcopus dixit: Utp de laicis velq divitibus aut de neophitis postulatus episcopus non prius ordinetur, nisi a lectorer in ecclesia coeperit militare.

XIII. Hosius episcopus dixit: De alia civitate episcopus non diu mo[*f. 36a'.]*returs in alia, idt est ut at sua ecclesia non ei plusu abesse liceat quam tribus dominicis diebus.

XIIII. Hosius episcopus dixit: De episcopis, qui alibi constituti sunt et alibi possessiones habent, quid debeant observare.

XV. Hosius episcopus dixit: Ne abiectum quemquam ab alio episcopo episcopusv recipiat alius.

a) 'is' D.     b) 'ac' D.     c) 'episcopus' D.     d) 'ordinetur' D. e) abiectus episcopus] 'abiectis episcopis' D.     f) 'volunt' D.     g) om. D. h) 'ire' add. D.     i) 'episcopi' add. D.     k) 'destinatos' D.     l) in sardinali] 'qui est in canali' D.     m) 'et' D.     n) 'notabilem' D. o) 'prohibitum' D.     p) om. D.     q) 'et de' D.     r) 'prius' add. D. s) 'immoretur' D.     t) id e ut a] 'destituta' D.     u) 'amplius' D. v) 'episcopus' D; 'epis' F.



[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 380]

XVI. Hosius episcopus dixit: Ut, si iracundus episcopus voluerit quemquam exterminare clericum, [uta si] eiusa causa audiatur a plurimis episcopis.

XVII. Ianuarius episcopus dixit: Ut nullus clericum alterius aut sollicitet aut in sua ecclesia ordinet*.

XVIII. (XX D). Hosius episcopus dixit: Ordinatus clericus alienusb ab alio in clero non maneat.

XVIIII. (XXI D). Aetius episcopus dixit: Ut clerici de civitatibus alienis redire cogantur ad suamc, maximae ded Thessalonicad exire.

XX. (XXII D). Hosius episcopus verbae Olymphi episcopie dixit: Ut, si qui vim a persecutoribus passus fuerit,



*) D inserit canones duos hosce:
  XVIII. Aetius episcopus dixit: Ut filii clericorum ad spectacula non ambulent1 neque ad synagogas Iudaeorum. Quod qui fecerint, excommunicentur et post satisfactionem revertantur ad gratiam. Dixerunt: Placet nobis.
  XIX. Hosius episcopus dixit: Hoc nobis, fratres, fixum oportet inserere, ut, quod non credimus esse venturum2, si quis episcopus, presbiter, diaconus, subdiaconus in bellum processerit et arma bellica indutus fuerit et belligerat, ab omni officio deponatur, etiam nec laicam habeat communionem3. Synodus respondit: Omnibus nobis placet.4

a) 'ut si eius' om. D.     b) om. D.     c) 'sua' D.     d) 'de thessalonica' D; 'det hes salonica' F.     e) 'verba olymphi episcopi' om. D.



1) Vgl. Carthagisches Konzil vom 28. August 397, erhalten in: Breviarium Hipponense c. 11 (ed. Ballerin.; Migne LVI, 424), Dionysiana Conc. Carth. 419 c. 15 i. f. (Migne LXVII, 189), Hispana Conc. Carth. III. c. 11 (Migne LXXXIV, 191), Ferrandus Breviatio c. 40 (ed. 1609 p. 623). Am nächsten kommt dem Text der Brev. can. Sard. Diessensis die Rubrik zum canon Carth. in der Hispana: 'Ut filii clericorum ad spectacula non accedant'.    
2) Die Phrase 'quod non credimus esse venturum' findet sich wörtlich im Concil. Parisiense 614 c. 4 (MG. Conc. I, 187). Vgl. Friedrich a. a. O. S. 387, N. 1.    
3) Vgl. Concil. Sardic. Dion.-Hadr. c. 1 (ed. 1609 p. 158): 'ut nec laicam communionem habeat'.    
4) Zur Sache vgl. Hinschius, Kirchenrecht I, 26, N. 9; V 1, 266, N. 1; Scherer, Kirchenr. I, 378. - Friedrich a. a. O. S. 386, N. 1 behauptet Verwandtschaft des c. 19 Diess. mit c. 7 Conc. Chalcedon.; an letzterer Stelle dürfte aber mit 'militia' in erster Linie der subalterne Zivildienst gemeint sein.




[Seckel, "Studien", VII.I, NA 34 (1909), Seite 381]

suscipiatur et requiem inveniat, [*f. 36b.] *in quacumquea ecclesiaa ierit.1

a) quacumque ecclesia] 'quamcunque ecclesiam' D.



1) Nun folgen (auch in HS?) die unverkürzten Kanonen von Sardica; in F, sowie in den Sammlungen von Würzburg und Stuttgart (anscheinend auch in HS, Hauct.) geht ihnen folgende Inskription voran (Text nach F, Varianten in den angef. Sammlungen meist nur orthographisch): 'Item quae (statt dieses Anfangs hat die Stuttgarter Sammlung: 'Incip. synod. q.') aput graecos non habentur, sed aput latinos tantum inveniuntur'. Eine Randnote der Stuttgarter Sammlung fügt bei: 'in niceno'. In der Collectio cod. Diessensis ist die Inskription umgestaltet: 'Incipiunt canones Sardicensis'.